■ Querspalte: Wir sind der DFB
Brasiliens Fußballverband hat den Trainer seiner Nationalmannschaft, Mario Zagallo, gestern entlassen. Auf den ersten Blick ist das erstaunlich. Immerhin hat der geschaßte Zagallo zwei brasilianische Mannschaften zum WM-Titel geführt und in diesem Jahr immerhin das Finale erreicht. Zagallo gilt als Guru unter den Fußballehrern. Warum entlassen die Gewaltigen in Brasiliens Fußballverband also einen Guru?
Weil sie korrupt sind. Bestechung, Manipulation und andere Bosheiten sind ihr Geschäft, sie haben sich sogar den Weltfußballverband Fifa unterworfen. Eines freilich würden diese Fußball-Mafiosi nie wagen: dem Volk nach einer nationalen Niederlage seinen Sündenbock vorenthalten.
Der deutsche Fußballbund (DFB) hat den Trainer seiner Nationalmannschaft gestern nicht entlassen. Auf den ersten Blick ist das erstaunlich. Immerhin hat der immer noch amtierende Berti Vogts die deutsche Nationalmannschaft zweimal bei WM-Tunieren blamiert. Vogts gilt gemeinhin als Loser. Warum entlassen die Gewaltigen in Deutschland Fußballverband diesen Loser nicht?
Weil sie integer sind. Fairneß und Jugendarbeit sind ihre Leidenschaft, Schiebung jeder Art ist ihnen ein Greul. Eines würde diesen Fußball-Beamten nie einfallen: einen braven Angestellten zum nationalen Sündenbock zu stempeln.
Aber der Mob will Blut sehen. In Berlin organisiert der Anti- Berti-Club (ABC) die Demontage von Vogts. Clubvorstand Timo Weigert, ein Fitneßtrainer aus der Hauptstadt, will den DFB spätestens im November zwingen, Vogts zu feuern. Dann spielt die deutsche Elf in Gelsenkirchen gegen Holland. Auf Schalke wird dieses eine Mal niemand Schmähungen gegen Käsköppe rufen. Es wird eine Volksabstimmung über das höchste Amt im Staate geben. Motto: Wir sind der DFB. Der Anti-Berti-Club verspricht: „50.000 im Stadion werden neunzig Minuten lang nur einen Schlachtruf kennen: Berti raus!“ Robin Alexander
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