■ Querspalte: Der Yankee-Dollar
Die Political Correctness hat in den USA den Dollar erreicht. Oh, nicht daß Sie das mißverstehen. Die Verteilung des Besitzes an Dollar wird natürlich auch in Zukunft in keinster Weise korrekt geregelt. Nein, lediglich das Aussehen der Währung wird sich ändern. Auf der grünen One-Dollar-Note ist ein weißer Mann, nämlich ein Präsident, abgebildet. Ungefähr 75 Prozent der Einwohner der USA sind allerdings keine weißen Männer. Im Finanzministerium dachte man sich, es macht den schwarzen, gelben und lila getupften Mitbürgerinnen wohl wenig Spaß, immer nur mit kleinen weißen Präsidenten zu bezahlen. Ausgewählt, den neuen, politisch korrekten Dollar zu zieren, wurde die Shoshone-Indianerin Sacajawea. Als Frau und Vertreterin einer ethnischen Minderheit schien Sacajawea bestens geeignet. Leider verhinderte das Weiße Haus die Neuerung. Auf den wichtigsten Geldscheinen bleibt der wichtigste Mann der wichtigsten Nation der Welt. Aber auch für die Doppelquote Sacajawea ist Platz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und zwar auf der Ein-Dollar-Münze. Auf dieser seltenen Münze war bisher Susan Brownell Anthony abgebildet. Sie organisierte im 18. Jahrhundert die radikale National Woman Suffrage Association. Um das Frauenwahlrecht hat sie gekämpft, nicht gebeten. 1872 wurde sie eingesperrt. Anthony hatte einen Stimmzettel in die Wahlurne geworfen. Einfach so.
Sacajawea, die ab dem Jahr 2000 ihre kämpferische Schwester auf der Münze ablöst, hatte ein entspannteres Verhältnis zum weißen Mann. Sie führte die Pioniere Lewis und Clark 1806 ins Gebiet der Shoshonen. Wenig später folgten weiße Siedler und US-Army. Was vom Volk der Shoshonen heute noch übrig ist, frönt in engen Reservaten dem Massenalkoholismus. Ob sich die Shoshonen wirklich freuen, wenn sie in Zukunft beim Kauf billigen Fusels auf ihrem Geld Sacajaweas Gesicht sehen? Vielleicht zahlen sie dann doch lieber mit kleinen weißen Präsidenten. Oder sie nehmen sich die Flasche, ohne zu zahlen. Einfach so. Robin Alexander
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