■ Querspalte: Stadt der Wahrheit
Die Werbewirtschaft entwickelt völlig neue Konzepte. Vorbei sind bald die Zeiten, da designarme Mittelklasselimousinen auf großflächigen Plakaten zu rassigen Sportwagen mutierten und langweilige Schokobonbons im Fernsehspot zu kulinarisch-oralen Genußgranaten. Versprechungen, die sich beim ersten Benutzen als haltloser Marketingdreh entpuppen, sollen der Vergangenheit angehören. Die Wirklichkeit rückt nun in den Mittelpunkt. Was kann ein besseres Verkaufsargument sein als die ungeschminkte Wahrheit, das pralle Leben mit seinen Hochs und Tiefs, nach dem wir Erlebnishungrigen alle lechzen? Der Adtranz-Konzern hat jetzt die Zeichen der Zeit erkannt.
Im Rahmen der Werbereihe „Schaustelle Berlin“ besuchen heute 60 TouristInnen die nagelneue Fabrik des Bahnherstellers in Pankow, die demnächst nach nur 33 Monaten Produktion wieder geschlossen werden soll. Wie man hört, beginnt bald die entsprechende Kampagne. „Was andere in zwei Fabriken machen, schaffen wir in einer“, lautet demnach einer der Slogans. Andere Firmenmitglieder der Schaustellen-Organisatorin „Partner für Berlin“ wollen sich anschließen. „Mit Leerstand leben“ ist die Botschaft der Immobilienvermarkter. Das Konzept soll im Rest der Republik Vertrauen erzeugen und klarstellen, daß die Menschen hier nicht verschaukelt werden. Berlin: Stadt der Wahrheit – denn Ehrlichkeit ist ein weicher Standortfaktor. Werbepartner Volker Hassemer ist doch sein Geld wert. Hannes Koch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen