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■ QuerspalteFrauen, telefoniert!

Kein Wort ist wahr. Alles gelogen. Unglaubliche Zustände. Soeben hat das Meinungsforschungsinstitut Emnid eine Umfrage veröffentlicht, nach der Frauen in 62 Prozent der Haushalte die längsten Privatgespräche führen. Die meisten Frauen würden sich für einen „kommunikativen Telefontyp“ halten und meinen: Telefonieren macht Spaß. Frauen seien „Quasselstrippen“, schlußfolgerte die schändliche Bild-Zeitung sogleich. Das ist wohl die blödeste Geschichte, die man je gehört hat. So nicht, meine Herren. Frauen sollen andauernd und endlos telefonieren? Nichts daran ist wahr! Frauen, diese stillen, schweigsamen Wesen, sie werden hier in den Schmutz gezogen. Von Emnid, einer von Maoisten, äh, Masochisten – stopp, ganz falsch –, von Machos unterwanderten Organisation für konsequente Desinformation. Hatte Emnid nicht vor der Hessenwahl schon gründlich danebengelegen mit seinen Prognosen? Sind Meinungsforscher nicht die schlimmsten aller Lügenbarone? Darf Emnid den weiblichen Rededrang unterdrücken? Niemals!

Natürlich gibt es Ausnahmen. Wer hat nicht schon mal versucht, eine Frau zwischen 19.00 und 21.00 Uhr anzurufen – und ist nicht durchgekommen? Wer wurde nicht schon mal um 2.00 Uhr nachts von der Liebsten telefonisch geweckt, um sich das vorangegangene vierstündige Gespräch mit der besten Freundin referieren zu lassen? Ist nicht die ISDN-Funktion „Anklopfen“ in einem laufenden Gespräch nur erfunden worden, damit Frauen zwei Telefonate gleichzeitig führen können? Ist nicht die Telekom-Werbung „8 Pf. pro Minute“ allein auf Frauen gemünzt? Wer kennt nicht das weiblichste aller Geräusche: das Tuten des Besetztzeichens beim wieder einmal gescheiterten Versuch, eine Frau telefonisch zu erreichen? Aber das sind absolute Ausnahmen. Die hier nicht verallgemeinert werden dürfen. Frauen, wehrt euch!

Schluß mit frauenverachtenden Umfragen! Frauen, schafft ein, zwei, mehr Handys an! Telefoniert soviel und solange, wie ihr wollt! Michael Ringel

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