piwik no script img

Querspalte

Gute Bilanz

Der Lichtdom hatte sich im Silvesterrauch und -nebel verloren, dennoch war es ein wunderschönes Silvester. Am Morgen hatten einen noch nette Touristen in der U-Bahn mit Müsliriegelen gefüttert, und mit einem gewissen Gefühl vornehmen Stolzes in Anzughose, der dem historischen Datum nur allzu angemessen erscheint, schreibt man in sein Tagebuch: 01. 01. 00. So soll’s weitergehen!

Nur Martin war am späten Abend etwas schlecht gelaunt. Eigentlich hatte er den Neujahrsabend beim Doppelkopfspiel verbringen wollen, war auch zur Zeit in der Gegend seiner Bekannten gewesen, die ihn eingeladen hatten. Nur hatte er dann bemerkt, dass er die Adresse nicht mehr wusste. Außerdem hatte er seine Brille vergessen. Das bemerkte er, als er in eine Telefonzelle gegangen war, um das Telefonbuch zu studieren. So sprach er Passanten an, die ihm dann die Klingelschilder vorlasen, bis ihm einfiel, dass seine Bekannten noch gar kein Klingelschild haben. Dazu war er auch noch sehr hungrig. Hämisch kichernd fuhr ihm dann die U-Bahn vor der Nase weg. Dann war er erst mal nicht mehr ansprechbar, und ich dachte über die sinnlosen Kaufvorgänge nach, die ich im vergangenen Jahr getätigt hatte: u. a.: zwei Vorhänge, die nach ein paar Tagen gleich wieder abgehangen wurden (80 DM), ein Schreibtisch und ein dazugehöriger Stuhl, die wegen Unfreundlichkeit eliminiert wurden (100 DM) und dann noch ein drahtloses Telefon (249 DM), das mir am zweiten Tag aus der Anzugtasche und ins Klo gefallen war.

Eigentlich eine ganz gute Bilanz, und als Geschenk für den Leser gibt es am Ende, heute Abend um 22.10 Uhr auf Arte, den schönsten und lustigsten Laurel-&-Hardy-Film der Welt mit großartigen Lachanfällen, tollkühnen Räuschen und besonders schönen Zerstörungsorgien, die das Jahr 00 auch noch am 3. würdig begrüßen. Detlef Kuhlbrodt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen