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Aus dem Schnupfengebiet (2)

Dennis Wier hatte in seinem Buch „Trance“ gewarnt: „Die Hypnotiseure, die über das tägliche Fernsehprogramm auf uns wirken, sind imstande, innerhalb nur weniger Minuten mit scheinbar harmlosem Geplauder eine Trance auszulösen.“ Durch sich wiederholende Schleifen werden Trancen erzeugt. Das Ziel der Trance ist es, den Zuschauer dazu zu bringen, möglichst viel Unsinn zu kaufen. Allerdings sollte auch die Gegentrance des Teils der Bevölkerung, der ständig betrunken vor dem TV sitzt, in einer vernünftigen Fernsehkritik dringend berücksichtigt werden.

Ausgesprochen trancemäßig sind die bunten Teletubbies, wie sie in ihrer psychedelischen Spielzeugwelt schwerelos herumhüpfen und sich ständig in Schleifen identisch wiederholen. Als liebe Sonne scheint ein lachendes blondes Babygesicht ins Zimmer, und alles ist sehr seltsam. Vor allem die nachmittäglichen Talkshows: Bei Bärbel Schäfer geht es um große und kleine Brüste, und jemand will mal sagen, dass jemand anders scheiße aussieht, und ein anderer sagt, hier sei ja „eindeutig zu erkennen, wie tief die Menschheit gesunken ist“. Ein junger Mann vom Lande will „ganz Deutschland beweisen“, dass er verrückt ist nach Michaela. Die ist etwas erstaunt, will ihn aber eventuell erhören, nachdem er einen Balztanz mit sexy Hüftschwung um sie herum aufzuführen gezwungen wurde.

Drei Sätze genügen, um bei einer Talkshow erfolgreich zu sein: 1.: „Ja. Das sind Fakten!!!“, 2.: „Das sind doch haltlose Unterstellungen!“, 3.:„Das kann niemand hier nachprüfen“. Nicht der Politiker ist volksnah, der weiß, wie viel ein Pfund Butter kostet, sondern der, der täglich 210 Minuten Fernsehen guckt, wie’s hierzulande üblich ist.

Detlef Kuhlbrodt

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