■ Querpalte: Keine falsche Legende!
Gleich zwölf Seiten Titelstory widmet der Spiegel der Steuerakte Margarethe Schreinemakers, um seinen LeserInnen die Phrase von der geldgeilen „Beichtmutter der Nation“ ins Hirn zu brennen und irgendeinem durchgeknallten Steuerzahler das Zeichen zum Abschuß zu geben.
Doch Schreinemakers darf nicht sterben. Die Frau hilft nicht nur der Boulevardpresse und dem Spiegel über die journalistische Dürrezeit hinweg, sie schafft das nie Dagewesene: SPD und Grüne entdecken ihr Herz für Finanzminister Waigel. Per Bild begibt sich der grüne Mitvorsitzende Jürgen Trittin an die Speerspitze der Anti-Schreinemakers-Bewegung. Eine „Sauerei“ sei es, wenn Waigel ein persönlicher Rachefeldzug unterstellt werde, ist sich Trittin nicht zu schade, die paranoiden Anflüge („Waigel will mich fertigmachen“) der Krawallschachtel zu kommentieren.
Und wo sich Springer und Grüne im Schulterschluß vereinen, darf auch das ewige Nachgeplapper der denkfaulen Sozen nicht fehlen. Es sei empörend, wie Frau Schreinemakers „Millionen Steuerzahler mit ihrer Mitleidstour täuscht“. Ein schöner Beweis, daß in der Bonner Baracke nicht nur die neurologischen Empfangsgeräte fehlen. Denn Millionen steuerzahlender ZuschauerInnen wollen gar nichts anderes, als getäuscht, verarscht und verspottet zu werden.
Vielleicht sollte sich die SPD mal etwas eher darum kümmern, welche TV-Täter man hierzulande von der Leine läßt. So aber ist die moralische Entrüstung der Zuspätguckenden genauso bigott wie die Anweisung von Sat.1, Schreinemakers solle ihr Privatleben für sich behalten.
In früheren Sendungen war das nie ein Problem, da konnte die Frau weitaus schaurigere Stationen ihrer Vita verbraten – ihre Schwangerschaft beispielsweise. Sollte Sat.1 die Show am Donnerstag tatsächlich abschalten, würde man das Moderatorenschrapnell endgültig zur legendären TV-Figur machen. Und das wäre wahrlich zuviel des Guten. Oliver Gehrs
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen