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Quark, Milch, Gemüse„Eine Hausfrau von subtiler Dominanz“

■ Ein leidenschaftlicher offener Brief an Monika Griefahn

Du, liebe Monika Griefahn, niedersächsische Umweltministerin, Politikerin aus Leidenschaft, Mutter von Jonas und Nora, Gegnerin der Dünnsäureverklappung, Befürworterin des Stillens beim Staatsakt, Autorin des Buches „Weil ich ein Lied habe“, hast ein Lied. Denn Du heißt Mo-, Mo-, Monika...

Du, liebe Monika Griefahn, bist Lönneberga statt Gorleben, Bauernfrühstück statt Junk food, Vernetzung statt Aufribbeln, Gewissen statt Gewinn.

Doch Dein Erfolg hat Neider. Die Götterdämmerung der Öko- Diva hat begonnen: „Disharmoni(e)ka“, „Moni-kaputt“, „Politik auf der Griefahnenflucht aus der Verantwortung“ – üble Nachrede allenthalben.

Lüge: Die Griefahn daddelt gerne, treibt sich bis tief in die Nacht in schmutzigen Kneipen zwischen den Flippergeräten herum, hat bloß noch tote Automatengefühle. Stimmt nicht. Du weißt es ja selbst: „,Unsere Entfremdung vom Nächsten, von der Natur und von uns selbst muß überwunden werden‘, schrieb Erich Fromm, wir müßten ,wieder ein Gefühl des Ich-Seins, des Selbst, der Erfahrung Ich Bin erhalten, statt dem Automatengefühl zu erliegen‘. Selbstverantwortung in diesem Sinn ist mein Prinzip, mein Lied, das ich singe, wie Konstantin Wecker, ,weil ich ein Lied hab, nicht weil es Euch gefällt‘.“ Noch Fragen?

Lüge: Tochter Nora war ein total kompliziertes Baby, das durch die behördliche Umgebung irreversible mentale Schäden erlitt. Du konterst: „Sie konnte sich leicht auf regelmäßige Zeiten einstellen und war ein unkompliziertes Baby, das in der behördlichen Umgebung, auf dem Teppich meines Amtszimmers, oft mit erstaunlicher Gelassenheit vor sich hinspielte.“

Lüge: Dein Familienleben ist zerrüttet. Nora und Jonas fremdeln, und die alte Oma Griefahn ist eine ungeliebte, kinderlose Zugehfrau von grobianischer Unterwürfigkeit. Diese Behauptungen sind falsch. „Ich genieße es, abends nach Hause zu kommen und mit großem Hallo von Jonas und Nora begrüßt zu werden“, parierst Du die Attacken. „Und ich liebe meine Mutter, eine Hausfrau von sehr subtiler Dominanz, die vier Kinder großgezogen hat.“ Ehrlich währt am längsten.

Lüge: Die Griefahn ist ein Putzteufel, aber sie haßt es, politische Projekte durchzupauken, Papiere zu diskutieren, Nationalparks zu konzipieren. Das Gegenteil ist richtig: „Es macht mir keinen Spaß, die Wohnung zu putzen. Aber es macht mir Spaß, ein Projekt durchzupauken, ein Papier zu diskutieren oder gar einen Nationalpark zu konzipieren.“ Ätsch.

Lüge: In ungemütlicher Frühstücksatmosphäre frißt Familie Griefahn lebende Industrietiere aus Einwegdosen. Du widerlegst das: „Am Samstag frühstückt die Familie gemütlich, und wir kaufen noch bei unserem Biobauern die wöchentliche Ration Quark, Milch und Gemüse.“

Lüge: Die Kinder der Griefahn sind im Unterbewußtsein Umweltschweine, Ungeziefer, Untermenschen mit Bleifuß und Automatengefühlen. Deine Antwort: „Nora liebt das Autofahren überhaupt nicht und gibt prompt das Frühstück wieder von sich. So ist das eben – meine Kinder haben das ökologische Unterbewußtsein: Zugfahren ist angesagt, nicht das Auto!“ So ist das eben – Angst essen Seele auf; Kindermund gibt Frühstück von sich.

Lüge: Die Griefahn hat jahrelang Wahnsinns-Reklamegagen abgezockt (5 Mio. für eine Woche Otto Kern, 12 Mio. für drei Tage Alete, 9 Mio. für ein Semester Bafög). In der Branche gilt sie als zickig, schnippisch, kiebig. Kein Kommentar Deinerseits!

Lüge: Regelmäßig jettet die Griefahn auf Steuerzahlerkosten im Bundeswehr-Helicopter nach Grönland, haut Robben tot, verklappt Dünnsäure, schminkt sich mit tierischem Fett. Auch zu diesen Vorwürfen schweigst Du Dich gründlich aus. Ist doch was dran?

Lüge: Die Griefahn ist eine sexistische, voyeuristische, faschistoid-bolschewistische, konsumgeile, menschenverachtende Zynikerin mit besten Kontakten zur Rüstungsmafia. Angeblicher Beweis: keiner! Dennoch läßt Du diese Diffamierungen einfach im Raum stehen. Warum?

Lüge: Die Griefahn kann überhaupt nicht singen. Auch hierzu äußerst Du Dich nicht in Deinem Buch. Wer aber hat das Lied, das Du doch hast, so zerstört?

Liebe Monika-Maus, Pummelchen, Schatzi! Für mich und viele meinesgleichen, die den „aufrechten Gang“ (Ernst Fromm), das „Prinzip Hoffnung“ (Geröllheimer/Adorno) und die „Globalsolidarität“ (Horst Eberhard Ratzefutz) noch nicht aufgegeben haben, verkörperst Du wie keine zweite mehr seit Petra Kelly das vernetzte Denken, den Lockruf der Wildnis, die Kraft der zwei Utopiezusammenhänge.

Und jetzt das. Wasch Dich rein, Moni-Darling, Schnäuzelchen, Liebes! Mit Deinem Ruf steht auch ein Stück Vision auf dem Spiel. Ich bitte Dich, um Noras und um Jonas' Willen, Monika: Wenn Du ein Lied hast, sing! Ein Lied der Freude soll es sein, ein Lied der politischen Prioritätensetzung und der Rückbesinnung auf die postmateriellen Werte, welches die Herzen erhebt und die Lügen zerdrückt wie Eiterpickel bei der Morgentoilette. Sei so gut.

Mit konsensorientierten Grüßen

in Liebe, Dein

Gerhard Henschel

Monika Griefahn: „Weil ich ein Lied habe“. Piper Verlag, 160 Seiten, 29,80 DM.

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