Qualmverbot: Jetzt rauchen die Köpfe

Raucherlöcher, geschlossene Gesellschaften, rollende Raucherräume: Mit kreativen Lösungen versuchen Wirte das Rauchverbot umzusetzen - oder zu umgehen.

Nein, kein Pranger. Ein Raucherloch! Bild: dpa

Als in Niedersachsen das Rauchverbot in Kraft trat, wusste Michael Windisch, dass er reagieren musste. So ließ er direkt neben der Eingangstür seines Ausflugslokals in Goslar drei Löcher in die Fachwerkwand schlagen - zwei kleinere für die Arme und ein größeres darüber für den Kopf. Die Öffnungen ließ er auspolstern und mit rotem Leder ausschlagen, auf dass es die Raucher bequem haben, wenn sie aus dem Inneren der Kneipe Kopf und Arme durch den Pranger stecken, um sich legal eine Zigarette anzuzünden. Ein Gag, sagt Windisch, der normale Raucher setze sich lieber in den Raucherraum.

Anderen Wirte fehlt ein zweiter Raum. Unter ihnen versuchen einige, das Rauchverbot zu umgehen, das seit dem 1. Januar in acht weiteren Bundesländern gilt. Die Strategien sind unterschiedlich, denn was erlaubt ist, hängt von den jeweiligen Ländergesetzen ab. Auch die Ordnungsämter, die gegebenenfalls Bußgelder verhängen sollen, verhalten sich abwartend.

In Bayern dürfen Wirte einer geschlossenen Gesellschaft das Qualmen erlauben. Einige Kneipiers haben daher begonnen, ihre Lokale mit elektronischen Zugangssperren auszustatten, wie man sie aus Bankräumen mit Geldautomaten kennt. Die Kneipentür lässt sich nur mit Magnetkarte öffnen, die die Wirte an ihre Gäste verteilen. "Wir tapezieren gerade ganz München mit unseren Zugangskontrollen", frohlockt Michael Maresch, der Inhaber der Systemtechnikfirma, die die Kontrollen installiert. Für eine Zugangssperre plus 300 Einlasskarten verlangt er 950 Euro. Er habe mehrere Dutzend Aufträge.

In Baden-Württemberg gilt das Rauchverbot schon seit August. In Freiburg hat ein Wirt zwei Lokale über Zwischentüren miteinander verbunden, in deren Mitte der Gang zu den Toiletten liegt. Das deutlich größere "Maria" hat der Wirt zum Raucherraum deklariert. Das "R & B" betreibt er rauchfrei. Im Wettbewerb um die Gäste liege die Raucherbar vorne: "Wir haben seit dem Verbot 40 Prozent mehr Gäste", sagt "Maria"-Geschäftsführerin Claudia Bauer. Die Lösung verstoße gegen kein Gesetz.

Das sehe die Stadt Freiburg anders, sagt Ordnungsdezernent Otto Neideck. Demnächst werde er den Wirt schriftlich ermahnen. Aktiv kontrolliert werde das Rauchverbot allerdings bisher nicht. Auch nach einem halben Jahr hat Freiburg noch in keinem Fall ein Bußgeld verhängt. "Wir werden nur aktiv, wenn sich einer beschwert." Die Dinge würden sich von selbst einpendeln. Zudem solle die Politik doch genauere Vorgaben zu den Verboten liefern.

Auch Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, beklagt eine "Vielzahl ungeklärter Fragen" beim Rauchverbot. Viele Gesetze seien zu unpräzise: "Es ist in vielen Fällen unklar, was genau unter einer geschlossenen Gesellschaft zu verstehen ist oder welche konkreten Anforderungen für Nebenräume gelten." Während das Rauchverbot bei Restaurantbetreibern verbreitet auf Akzeptanz stoße, sei bei Kneipiers die Betroffenheit groß. Insbesondere kleine Eckkneipen beklagten Umsatzeinbußen.

Die Lücken in den Gesetzen machen erfinderisch. In Hessen bietet ein Unternehmer einen rollenden Raucherraum für 250 Euro Tagesmiete an. Andere Gastronomen bestellen sich einen Wintergarten oder ein Zelt.

In Irland, wo die Verbote seit 2004 gelten, versuchten Gastronomen die Zigarettenfreunde durch gutes Zureden zu halten. Beim Qualmen vor der Türe könnten sie schließlich Kontakte knüpfen. Das Schlagwort lautet "Smirting" - zusammengesetzt aus Smoking und Flirting.

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