Punkgruppe für Lutherpreis nominiert: Wittenberg steht zu Pussy Riot
Darf die Punkband „Pussy Riot“ für den Luther-Preis nominiert werden? Ja, entschied Wittenberg und lehnte es ab, die Nominierung aufzuheben.
BERLIN taz | Der Stadtrat von Wittenberg hat bei seiner Sitzung am Mittwochabend die Nominierung der Punkgruppe Pussy Riot für den Luther-Preis „Das unerschrockene Wort“ bekräftigt. Den Versuch der „Allianz der Bürger“, die Nominierung vom 13. September aufzuheben, wies der Stadtrat mit großer Mehrheit ab. Im Rat fanden sich nur vier Stimmen, die dem Antrag von Heiner Friedrich List von der Allianz der Bürger (AdB) folgen wollten, zwei Stadträte enthielten sich.
In der Abstimmung ging es nicht mehr um die inhaltliche Kontroverse, die sich um die Nominierung entzündet hatte, sondern nur noch darum, ob der Stadtrat das Recht habe, die Nominierung zurückzunehmen. Die zuständige Kommunalaufsicht hatte den Antrag im Vorfeld geprüft und erklärt, dass der Beschluss mit der Übermittlung der Nominierung an die für die Ehrung zuständige Stadtverwaltung von Eisleben bereits Rechtskraft erlangt habe, eine Rücknahme also unzulässig wäre. Das sah auch die große Mehrheit der Stadträte so.
Seit der Nominierung gab es weit über Wittenberg hinaus eine heftige Kontroverse, ob das von der Gruppe veranstaltete Punkgebet in der Moskauer Christus-Erlöser-Kathedrale vom 21. Februar 2012 eine preiswürdige Aktion im Sinne des Luther-Preises sei. Die Künstlerinnen hatten mit ihrem Auftritt in der Kirche gegen den damaligen Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin und die Verquickung von Kirche und Politik in Russland protestiert. Im August waren drei Mitglieder dafür wegen Rowdytums aus religiösem Hass zu je zwei Jahren Zwangslager verurteilt worden, ein Bandmitglied kam in einem Berufungsverfahren auf Bewährung frei.
Die AdB hatte ihren Antrag unter anderem damit begründet, dass sich die Stadt Wittenberg mit der Nominierung über das Rechtsgefühl der russischen Bevölkerung hinwegsetze, von der 70 Prozent die Protestaktion kritisierten. Auch der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer sprach sich vehement gegen die Nominierung aus, weil die Frauen mit ihrer Aktion die religiösen Gefühle von russisch-orthodoxen Gläubigen zutiefst verletzt hätten. Pussy-Riot-Unterstützer forderten die Stadt hingegen auf, an der Nominierung festzuhalten.
Stadtsprecherin Karina Austermann bestätigte, dass in der Stadtverwaltung in den vergangenen Tagen eine Vielzahl von Mails und Briefen eingegangen sei, deren Inhalt vom heftigen Protest, über qualifizierte Kritik bis hin zur Zustimmung für die Nominierung reiche.
Über den Preisträger wird am 10. November in Eisleben entschieden. Wie die dortige Stadtverwaltung mitteilt, gebe es neben Pussy Riot drei weitere Vorschläge: den Umweltschützer Michael Beleites, die Magdeburger Pastorin Waltraut Zachhuber und die Regensburger Wirte-Initiative „Keine Bedienung für Nazis“.
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