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Psychokrieg um Litauen

■ Hat Moskau die Gasleitung schon abgedreht? Litauen signalisiert Kompromißbereitschaft

Moskau (ap/taz) - Verwirrung herrschte am Dienstag nachmittag, ob Moskau die angedrohten Sanktionen gegen Litauen in Kraft gesetzt hat. Im litauischen Rundfunk hieß es, die Moskauer Führung habe Litauen davon in Kenntnis gesetzt, daß die Erdgaslieferungen in die baltische Republik mit sofortiger Wirkung drastisch gedrosselt werden. Das teilte eine Sprecherin des Obersten Rates Litauens, Rita Dapkus, über den litauischen Rundfunksender mit. Demgegenüber verlautete nach Angaben des britischen Senders BBC aus Moskau, die Sanktionen seien noch nicht in Kraft gesetzt.

In dem litauischen Sender hieß es, die Drosselung der Erdgaslieferungen erfolge auf Anweisung der Regierung der UdSSR und des staatlichen Gaskonzerns. Sie träte sofort in Kraft.

Präsident Gorbatschow hatte Vilnius am Freitag aufgefordert, alle Gesetze und Beschlüsse im Dienste der Unabhängigkeitsbestrebungen Litauens innerhalb von zwei Tagen rückgängig zu machen. Sonst werde die Lieferung solcher Güter an Litauen eingestellt, die auf dem Weltmarkt abgesetzt werden könnten. Das Ultimatum war am Sonntag abgelaufen, ohne daß die Weigerung aus Vilnius, der Forderung nachzukommen, Folgen gehabt hätte.

Die litauische Führung signalisierte gestern Kompromißbereitschaft. Das Parlament in Vilnius beriet über das Ultimatum Moskaus. Nach dem Treffen zwischen litauischen Regierungsvertretern und dem Parlamentspräsidium der baltischen Republik hatte Ministerpräsidentin Prunskiene am Montag Michail Gorbatschow um detailliertere Angaben zu den Moskauer Forderungen gebeten. Sie ließ dabei erkennen, daß Vilnius zum Entgegenkommen bereit sei. Sowohl Ministerpräsidentin Prunskiene als auch der litauische Präsident Vytautas Landsbergis schlugen am Montag einen versöhnlichen Ton an. Sie betonten, die Republik werde die Verträge mit der UdSSR respektieren, auch wenn Moskau Wirtschaftssanktionen verhänge.

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