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Prügel-Vorwürfe gegen Bischof MixaOstern ohne frohe Botschaft

Der Augsburger Bischof Walter Mixa wehrt sich gegen die Misshandlungsvorwürfe und will mit den Betroffenen reden. Doch die lehnen ab

Insgesamt sechs ehemalige Heiminsassen haben Mixa in seiner Zeit als Stadtpfarrer im bayerischen Schrobenhausen die Anwendung körperlicher Gewalt vorgeworfen. Bild: dpa

BERLIN epd/dpa/taz | Kaum einen Tag hat es gedauert, da war das generöse Angebot des Augsburger Bischofs Walter Mixa auch schon wieder abgelehnt. Er wollte am Donnerstag in die Offensive gehen, sich mit ehemaligen Heimkindern über deren Erlebnisse von früher unterhalten. Doch zwei betroffene Frauen lehnten die Offerte des unter Misshandlungsvorwürfen stehenden Mixa ab.

Beide Frauen könnten in den Äußerungen des Geistlichen kein annehmbares Angebot zum Dialog erkennen, erklärten sie in einem Interview mit sueddeutsche.de. Sie hatten den Bischof in eidesstattlichen Erklärungen bezichtigt, vor rund 30 Jahren als Stadtpfarrer von Schrobenhausen (Bayern) bei kleinen Verfehlungen in dem dortigen Kinderheim St. Josef brutal zugeschlagen zu haben.

Insgesamt sechs ehemalige Heiminsassen haben Mixa in seiner Zeit als Stadtpfarrer (1975-1996) die Anwendung körperlicher Gewalt vorgeworfen. Von "Ohrfeigen, Fausthieben und Hieben auf das nackte Gesäß" war dabei die Rede. Eine weitere Frau sagte nach Angaben des Donaukuriers, sie sei im Firmunterricht von Mixa geschlagen worden und habe anschließend seinen Ring küssen müssen. Mixa hat alle Vorwürfe entschieden von sich gewiesen und über das Ordinariat erklären lassen, die Angaben seien "absurd und erfunden". Er habe niemals körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ausgeübt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hat unterdessen in einem Schreiben, das am Karfreitag veröffentlicht wurde, Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche eingeräumt. Zollitsch schrieb, heute werde der Kirche bewusst, "dass in einer anderen gesellschaftlichen Situation durch die Enttäuschung über das schmerzliche Versagen der Täter und aus falsch verstandener Sorge um das Ansehen der Kirche der helfende Blick für die Opfer nicht genügend gegeben war". Es erschüttere die Kirche, "welches Leid den Opfern zugefügt wurde, die oft über Jahrzehnte hinweg ihre Verletzungen nicht in Worte fassen konnten". "Es wurden Wunden gerissen, die kaum mehr zu heilen sind", schrieb Zollitsch laut einer Mitteilung des Erzbistums. Seine Teilnahme an Gottesdiensten zu Karfreitag und Ostern hatte Zollitsch wegen einer Virusinfektion abgesagt.

Der neue Beauftragte der katholischen Kirche für Missbrauchsfälle, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, sprach sich im Tagesspiegel (Samstagsausgabe) aus Berlin für eine Verschärfung der kirchlichen Leitlinien aus.

Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, räumte ein, dass es auch in der evangelischen Kirche Missbrauchsfälle gegeben habe, verwies aber auf einen anderen Umgang damit. "Wir haben allein in der rheinischen Landeskirche seit 2003, als wir ein geregeltes Verfahren für den Umgang damit eingeführt haben, von 40 Fällen erfahren", sagte der rheinische Präses dem Hamburger Abendblatt (Samstagsausgabe). Vielleicht sei für die Menschen daran erkennbar, dass die evangelische Kirche offener damit umgehe.

"Auch die Frage, wie wir über Sexualität reden und mit Sexualität umgehen, spielt da eine Rolle", betonte Schneider. Zur Zölibatsdiskussion in der katholischen Kirche sagte der Präses: "Ich kann nur für unsere Kirche sagen: Verheiratete Pastorinnen und Pastoren tun unseren Gemeinden gut."

Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge sagte in seiner Karfreitagspredigt zu den Missbrauchsfällen in kirchlichen und weltlichen Einrichtungen, das Ausmaß an Erniedrigung und seelischer Grausamkeit, das den Kindern und Jugendlichen von vertrauten Personen angetan wurde, sei unvorstellbar. Die Perspektive der Opfer habe nun endlich Vorrang und könne zur Sprache kommen. Die Münchner evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler betonte in ihrer Karfreitagspredigt, der Umgang der Kirchen mit den Missbrauchsvorfällen sei "mitentscheidend für die Zukunft der Kirche und Zeichen für die ganze Gesellschaft".

Für Bischof Walter Mixa dürfte die Diskussion noch nicht beendet sein: Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" forderte ihn auf, seine Ämter ruhen zu lassen. Im Deutschlandradio Kultur sagte Annegret Laakmann von der Bewegung "Wir sind Kirche", sie denke, dass Bischof Mixa zumindest eins tun solle: "vorläufige Konsequenzen ziehen".

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16 Kommentare

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  • R
    Rugall

    Sehr geehrte Tanja,

    ich verstehe Ihren Unmut. Der Gedanke, dass da wirklichen Opfern einfach nicht geglaubt würde, ist sehr bedrückend. Auf der anderen Seite kann dies doch nicht heißen, dass man Anschuldigungen generell nicht hinterfragen darf, oder?

     

    Nehmen wir den Vorwurf aus dem Firmunterricht. Zurecht wurde darauf hingewiesen, dass Mixa damals als Pfarrer gar keinen Ring trug, den zu küssen er dem Kind hätte befehlen können. Mehr noch: Im Donaukurier steht außerdem, dass die anderen Firmlinge aus dem gleichen Kurs die Vorwürfe NICHT bestätigt hätten.

     

    Diese zweite Information wird den meisten Lesern einfach vorenthalten. Hier bei der taz, aber auch anderswo. Die Printausgabe der Süddeutschen setzt noch einen drauf: Die haben aus dem "Ring" einfach eine "Hand" gemacht. Offenbar ist jemandem die Unstimmigkeit aufgefallen. Die journalistische Fairness hätte es geboten, dass man die Meldung daraufhin noch einmal genau überprüft. Stattdessen hat man sich die Meldung einfach zurechtgebogen. - Auf diese Art erzeugt man nun weiß Gott keine Glaubwürdigkeit.

  • W
    Werner

    Hallo Murat,

    glaubst du eigentlich selber, was du da schreibst?

    Wenn in vielen islamischen Laendern aeltere Maenner ganz legal und offiziell 9- oder 10-jaehrige Maedchen heiraten koennen: ist das etwa keine Vergewaltigung?

  • T
    Tanja

    Dass hier von einigen Kommentatoren behauptet wird die Opfer seien unglaubwürdig, weil sie nicht mit dem Täter reden wollen, ist widerlich und zeigt, dass die Welt voller mitleidloser grausamer Menschen ist.

     

    Ihr und eure dummen Bemerkungen sind es, die uns Missbrauchsopfern sei es aus dem familialen oder kirchlichen Bereich den Weg an die Öffentlichkeit zusätzlich erschweren. Eure nachträgliche Demütigung muss sich kein Opfer antun.

  • T
    Taz-O-Mat

    von Murat:

     

    "Im Islam werdet ihr die Antworten finden da wird euch niemand vergewaltigen!"

     

    Nee, das stimmt. Da wird man gesteinigt. Was ein Vorteil!

  • S
    Smion

    @Murat:

    Naja, dieser jetzige Fall war höchstwahrscheinlich nicht sexuell motiviert sondern "nur" ein Gewaltakt,der auf Mixas altmodisches Weltbild zurückzuführen ist und ich glaube nicht, dass so etwas in islamischen Gemeinden nicht auch ab und zu vorkommt.

    Im Gegenteil mehrere Freunde, die eine Koranschule besuchen erzählten mir, dass solche "Züchtigungen" für sie mehr oder weniger alltäglich waren.

    Das zeigt wohl, dass Amtsmissbrauch vollkommen Religionsunabhängig ist. So bedauerlich das auch sein mag.

  • M
    Montanus

    Zumindest die Zeugin, die behauptet, sie habe im Firmunterricht nach einem Schlag den Ring des Pfarrers küssen müssen, ist offenkundig unglaubwürdig. Ringe als Amtsinsignie tragen nur Bischöfe. Bei einem einfachen Priester ist das Tragen eines Rings höchst ungewöhnlich und wenn, dann stellt es ein rein privates Schmuckstück war. Das küssen zu lassen, wäre Amtsanmaßung - das ist einem Konservativen wie Bischof Mixa kaum zuzutrauen.

     

    Außerdem sollte man auch einmal bedenken, dass es sich bei den Kindern im Heim in Schrobenhausen zum Teil um Schwererziehbare handelte. Ein paar Zöglingen eiens ähnlichen Heims haben in den 1980er Jahren die Hauptschulklasse meiner Schwester terrorisiert. Meinr Eltern schickten sie dann auf ein katholisxches Internat. Dort herrschte - ohne Prügelstrafe! - Disziplin und damit waren die schwächeren Schülerinnen vor Übergriffen sicher.

  • L
    lilly

    Als ich in der Grundschule war (geb 1955) war in Bayern noch erlaubt, die Schüler(innen) körperlich zu züchtigen, was manche Lehrer bis zum Exzess ausnutzen, ganz besonders die Kirchenmänner.In der ersten Klasse konnte ich das erste Gebot der kath Kirche nur sinngemäß, nicht wörtlich aufsagen, was mir eine solche Ohrfeige des Pfarrers einbrachte, dass ich mitsamt dem Stuhl quer durchs Zimmer geflogen bin...

    Sein Nachfolger war cholerisch und genoss es sichtlich, besonders die Mädchen an den Haaren aus der Bank zu ziehen und sie in einem Abstand von 10-20cm vom Boden an den Haaren zu "beuteln", was für die Mädchen mit Zöpfen eine Woche Kopfweh bedeutete.

    Die Jungs wurden mit Kopfnüssen, schmerzhaften Ziehen an den "Koteletten" und Schlagen mit dem

    Rohrstock auf Hände und Gesäß bearbeitet.

    Als 30 Jahre später meine Kinder erzählten, der Pfarrer "haut zu", war Schluß für mich und ich bin mitsamt den Kindern aus der Kirche ausgetreten, bin

    bis heute froh über diese Entscheidung!

  • M
    Murat

    Im Islam werdet ihr die Antworten finden da wird euch niemand vergewaltigen!

  • CC
    Claus Carstensen

    Ihr demonstriert gerade exemplarisch, warum nicht nur Scientology verboten gehört.

     

    Katholische und Evangelische Kirche und ihren Bruder, den Islam, gleichzeitig verbieten.

  • V
    vic

    Mit dem Schläger zum Gespräch treffen, damit der seinen Opfern aufgrund seiner gesellschaftlichen Position in´s Gesicht sagen darf, er wär´s nicht gewesen. Wozu soll das gut sein?

  • KW
    Katja Weber

    @Gregor: Was menschliche und was göttliche Gesetze sind hat Jesus uns im neuen Testament gesagt, was sie hier zitieren stammt aus dem alten und ist eine von Menschen gemachte Richtlinie und damit auch nicht bindend. Lesen sie die vier Evangelien bevor sie unwissend mit Zitaten um sich schmeißen.

  • R
    rostschnauze

    Als die "Prügelstrafe" in Deutschland schon längst verboten worden war, schlugen katholische Pfarrer in ihrem Unterricht munter weiter.

     

    Als Eltern v. 5 Kindern hatten meine Frau und ich ernsthafte Streitgespräche mit den Tätern.

     

    Hierbei war von Einsicht oder gar Umkehr nichts zu spüren, im Gegenteil, man behielt sich ausdrücklich das Recht vor, bei Ungehorsam, Störung des Unterrichts, Quatschen, usw. von dem Mittel Ohrfeige, Kopfnuss, Haare ziehen Gebrauch zu machen.

     

    Dies und andere zweifelhafte Ansichten der kath. Kirche (Frauenbild, Segnung v. Waffen, etc.) veranlasste uns, dem Verein den Rücken zu kehren und aus der Kirche auszutreten.

  • G
    Gerd

    So jetzt wollen sie plötzlich nicht mehr mit ihm reden, die Glaubwürdigkeit ist erstmal dahin.

     

    Das sich auch einige falsche Opfer melden werden dürfte klar sein.

     

    Ob es hier auch der Fall ist bleibt abzuwarten.

  • G
    Gott

    Den Ring küssen?

    Der weiß wohl nicht was ein Todeskuss ist.

  • N
    NaJa

    Je näher eine eventuelle Schmerzensgeldzahlung rückt, desto mehr "Opfer" wird es geben.

  • G
    Gregor

    Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Braucht doch jeder nur in die Bibel schauen, um zu sehen, dass das Schlagen von Kindern an diversen Stellen sogar empfohlen wird.

    Die Erzieher haben doch nur ihren Glauben gelebt - ihnen dies jetzt vorzuwerfen ist ja ziemlich link.

    Schade natürlich auch, dass sich die Kirche immer mehr dem Zeitgeist anpasst und ihre Wurzeln vergisst. Diese Anpassung ist Herrn Mixa eigentlich nur vorzuwerfen.

     

    Besonders gut gefällt wir ja: "Wer die Rute spart, hasst seinen Sohn, wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht."

    "Blutige Striemen läutern den Bösen und Schläge die Kammern des Leibes" ist mir ja auch schon fast zu viel.