Prêt-à-porter in Paris: Schluss mit sanft

Die weibliche Silhouette folgt dem Mann: Blazer, breite Schultern. Dazu hohe Absätze: Its a money power game, bitch!

Frau trägt wieder hohe Absätze, hier ein Modell von Sophie Albou Bild: dpa

Bei der einen oder anderen Schau hier in Paris ist ein Besucher zu sehen, der sich als Grace Jones verkleidet hat. Er hat eine kastenartige Frisur und trägt einen Blazer mit Schulterpolstern. Vielleicht ist er auch eine Frau, das lässt sich nicht genau sagen. Aber darum ging es ja bei Grace Jones auch: zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen nicht mehr so genau unterscheiden zu wollen. Grace Jones ist dieses Jahr sechzig geworden, Ende des Monats erscheint eine neue Platte, und ihr Powerdressing scheint die Kollektionen, die diese Woche in Paris zu sehen waren, inspiriert zu haben.

Karl Lagerfeld war sowieso schon immer für Power zu haben. Chanel ist die Garderobe für Leute, die es geschafft haben und auch so aussehen wollen. Jetzt hat Lagerfeld wieder ein Spektakel veranstaltet. Er hat die Fassade des Gebäudes in der Rue Cambon, in dem Chanel den Hauptsitz hat, im Grand Palais nachbilden lassen. Die Models traten auf den Laufsteg, und es sah aus, als kämen sie aus der Chanel-Boutique. Die Papiertüten, die man für seine Einkäufe in den Chanel-Läden bekommt, hat Lagerfeld aus Leder nachgebildet. Er zeigte, wie jede Saison, Variationen der Chanel-Klassiker, dieses Mal eine Tweed-Jacke in Rosa und Two-Tone-Pumps aus durchsichtigem Plastik. Das System Chanel ist inzwischen vollkommen selbstreferenziell. Eine Frage des persönlichen Budgets, ob man sich in dieses System einarbeiten will.

Powerdressing heißt nicht, Kleidung zum Statussymbol zu machen. Die Silhouette hat sich verändert. Sie war in den letzten Jahren mädchenhaft, Phoebe Philo entwarf für Chloé flatternde Kleidchen und gemütliche Strickjacken und machte das Traditionshaus nach Jahren des Siechtums zu einer der erfolgreichsten Marken. Jetzt aber scheint wieder eine Zeit zu kommen, in der Frauen sich an der Garderobe der Männer orientieren. Sie wollen Blazer, das Kleidungsstück, das sie sich im letzten Jahrhundert von den Männern erstritten haben, sie wollen breite Schultern und eine nach unten schmal zulaufende Silhouette.

Bei Stella McCartney gingen die sandfarbenen Blazer bis zur Hüfte und wurden zu knöchellangen Hosen kombiniert, die Ärmel waren hochgeschoben. Die Models stellten sich am Ende des Laufstegs breitbeinig vor die Fotografen und sahen sie herausfordernd an. Die Hosen, die Stefano Pilati von Yves Saint Laurent in der letzten Saison zeigte, sahen aus wie die ersten Hosen, die Frauen getragen haben, wie die Hosen von Katharine Hepburn. Für das Frühjahr entwarf er eine Silhouette mit breiten Schultern: ein graues Cocktailkleid, Blusen mit voluminösen Schultern. So wie Stella McCarney zarte Riemchensandalen zu ihrem Männerlook kombiniert, so setzt Pilati transparente Stoffe ein, um die Anmutung sanfter zu machen. Transparenz war in vielen Kollektionen zu sehen. Bei Albert Kriemler von Akris zum Beispiel hatten die Röcke einen breiten Transparentsaum. Es scheint, dass diese zarten Stoffe vor allem eingesetzt werden, damit die klaren Linien, die vorherrschen, weniger streng wirken.

Denn wir sind im Jahr 2008 und nicht im Jahr 1981, als Grace Jones "Nightclubbing" erschien und Margret Thatcher als mächtige Frau noch das Image der "Eisernen Lady" brauchte. Frauen gehen heute ein bisschen entspannter mit ihrer Weiblichkeit um, wahrscheinlich deshalb, weil es im Leben nicht mehr ein so großes Hindernis ist, eine Frau zu sein. Dass seit ein paar Saisons die Absätze der Schuhe immer höher werden und Plateausohlen bekommen, beunruhigt wahrscheinlich nur noch die Emma. Alle anderen sehen, dass diese Schuhe zum Powerdressing gehören.

Zum Beispiel bei Reqiuem, dem jungen Label von Raffaele Borriello und Julien Desselle. Im Salon der rumänischen Botschaft mussten die Gäste den Kopf in den Nacken legen, um den amazonenartigen Models, die vorbeischritten, ins Gesicht sehen zu können. Die Absätze ihrer massiven Plateausandalen aus weißem oder schwarzem Lackleder waren breit und mindestens 15 cm hoch. Bei Giambattista Valli waren die Absätze mindestens so hoch. Die weißen Pumps hatten dünne graue Plateaus und eine strenge, klare Anmutung. Eine schöne Vorstellung, Carla Bruni würde bei einem Staatsbesuch einmal solche Schuhe tragen statt ihrer devoten Ballerinas.

Bei Prada in Mailand waren die Schuhe so hoch, dass eines der Models auf dem Laufsteg hinfiel. Sie werde die Absätze niedriger machen, versprach Miuccia Prada nach der Show. Allerdings war bei Wunderkind zu sehen, dass auch Frauen in flachen Schuhen manchmal straucheln: Wolfgang Joop hatte den Models Männer-Stiefeletten aus Schlangenleder angezogen - eins der Models rutschte auf dem Laufsteg gleich zweimal aus.

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