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Prozessauftakt WinnendenAmokläufer-Vater droht Haftstrafe

Das Stuttgarter Landgericht schließt im Prozess um den Vater des Amokläufers Tim K. eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung nicht aus.

Der Prozess hat noch einmal die Diskussion über das Waffenrecht ausgelöst. Bild: dapd

STUTTGART taz | Der Vater des Amokläufers von Winnenden könnte wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden. Bei der Prozesseröffnung am Donnerstag erklärte die Staatsanwaltschaft, dass sich der 51-Jährige auch "der fahrlässigen Tötung in 15 Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht" habe. Der Vorsitzende Richter schloss eine entsprechende Verurteilung nicht aus. In diesem Fall würde dem Vater von Tim K. eine mehrjährige Haftstrafe drohen. Bislang steht der Angeklagte nur wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz vor dem Landgericht Stuttgart.

Er hatte die Tatwaffe unverschlossen in seinem Schlafzimmer aufbewahrt. Im März vergangenen Jahres nahm sich Tim K. die Pistole und tötete in der Albertville-Realschule im baden-württembergischen Winnenden 9 Schüler und 3 Lehrer. Auf der anschließenden Flucht erschoss er drei weitere Menschen und anschließend sich selbst.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautete bereits im Vorfeld auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung. Das Landgericht hatte sich jedoch bei der Zulassung der Anklage zunächst dafür entschieden, sie auf den Verstoß gegen das Waffengesetz zu beschränken. Der 17-jährige Sohn hätte den Zugangscode zum Waffenschrank gekannt, sodass die Tat auch bei rechtmäßiger Aufbewahrung passiert wäre. Nun wird zu klären sein, ob Tims Vater hätte wissen können, was sein Sohn plante, und damit tatsächlich fahrlässig gehandelt hat.

In einer Eröffnungserklärung sprachen die Verteidiger am Donnerstag ihr Mitgefühl für alle Betroffenen aus. "Auch unser Mandant gehört zu den Trauernden", sagte Rechtsanwalt Hubert Gorka. Gleichzeitig forderte er, von einer Strafe für ihren Mandanten abzusehen, da er bereits mit schweren Folgen wie soziale Isolierung und Verlust der früheren Identität zu leben habe. Der Angeklagte ließ über seine Anwälte erklären, dass er und seine Frau es als "menschliches Versagen" empfänden, dass sie nichts gemerkt hätten.

Noch nie wurden Eltern eines Amokläufers gerichtlich belangt. Für die Verhandlung sind 27 Tage angesetzt.

Der Prozess hat noch einmal eine Diskussion über das deutsche Waffenrecht ausgelöst. Während die Grünen Schusswaffen gänzlich aus Privathaushalten verbannen wollen, fordert der CDU-Innenexperte Reinhard Grindel intensivere Waffenkontrollen.

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20 Kommentare

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  • G
    Gerd

    Das die angebliche Tatwaffe nicht mit den Kugeln abgeglichen wurde ... ein TABU für die TAZ selbst im Kommentar?

  • G
    Gerd

    Leider Leider gibt es GOTT SEI DANK zu Winnenden auch noch andere kritische Sichtweisen.

     

    Goggle nach "Winnenden Widersprüche, Ungeklärtes, Lügen, Verschwiegenes"! Winnenden - ein Amoklauf ?

     

    Tim K. erschoss sich selbst - und absurdum totale war zu diesem Zeitpunkt schon voll ausgeblutet.

     

    Und welche kriminalistische Untersuchung beweist aus welcher Waffe geschossen wurde?

  • PM
    Peter Mueller

    Waehrend die Tatsache, dass 11 der 12 Erschossenen weiblich waren, fuer das spezifische Thema des Artikels irrelevant sein mag (und vermutlich auch ist), koennte es doch von psychologischem Interesse sein, dass der Taeter scheinbar wahllos auf alles schoss, was ihm vor die Flinte kam -- maeenich oder weiblich nahezu gleichermassen --, er aber nur (oder fast nur) weibliche Opfer toedlich traf. Traute er sich nicht so recht, Maenner zu erschiessen? Wollte er Frauen mehr toeten als Maenner? Hasste er seine Mutter staerker als seinen Vater? Oder fuerchtete er seinen Vater mehr als seine Mutter? Oder umgekehrt?

     

    Oder war das alles nur Zufall und ich lebe einfach schon zu lange in den USA, wo solches Laien-Psychologisieren auf keiner Party fehlen darf?

  • JS
    Jens Schlegel

    @ Marie J, es sind 12 Menschen gestorben. Zu diesen Menschen gehört auch ein Mann. Elf sind Frauen. Was ist an dieser Zusatzinformation wichtig. 12 Menschen sind an der Albertville Realschule gestorben.

     

    Und ein "Bitte achten sie auf eine geschlechtergerechte Sprache" Kommentar macht sich hier eben über die Maßen wichtig.

     

    Niemand will hier Frauen diskriminieren. Aber ihr Kommentar mutet einfach im Zusammenhang lächerlich an!

  • A
    A.Wesker

    @Martin

     

    ich wünsch Ihnen das Sie bei jeden der 100 Banküberfälle mit illegalen Waffen in einer dieser Banken stehen. Damit Sie jedes mal aufs neue die Angst um Ihr Leben spüren. Auf das Sie das nächste mal Ihr Hirn benutzen bevor Sie so ein Kommentar schreiben

  • R
    Rufus

    @Martin:

     

    Frage nicht beantwortet: WO ist der Aufschrei der Grünen bei 4000 Toten im Jahr?

    WO ist das Engagement der Grünen wie im hier im Falle gegen Legalwaffenbesitzer?

     

    Was Sie präsentieren, sind leider nur Ausreden und ein Ausweichen.

     

    Prozente: Lesen Sie genau. Nicht Überfliegen und dann Geifern, sondern Lesen, Verstehen, dann Posten!

     

    Die Quelle, die ich hier dazu widergeben möchte, belegt sich aus offiziellen BKA/LKA-Statistiken mit Hochrechnungen.

     

    Inklusive behördlicher Straftäter (Polizisten etc.), deren Anteil an Verbrechen mit Legalwaffen außergewähnlich hoch ist im Gegensatz zur "normalen" Bevölkerung, liegt die Gesamtrate bei

    0,006%(!)

     

    http://www.axelcgn.de/88.html

     

    Verzeihen Sie bitte, dass ich 0,004% behauptet habe, ich habe mich damit ja immerhin um 0,002% geirrt.

     

     

    Wie kommen Sie auf 4 Promill? Ihre Quelle bitte.

    Bevor Sie wieder Menschen Angst machen indem Sie Unwahrheiten verbreiten. Danke.

  • MJ
    Marie J.

    Ich glaub die Intention meines Kommentars ist etwas missverstanden worden.

    Ja, ich begrüße eine geschlechtsneutrale Formulierung.

    Jedoch ging es mir viel mehr darum, darauf hinzuweisen, dass unter den 12 ermordeten Personen, die an der Albertville-Realschule sterben mussten 11 Frauen waren. (Die Geschlechterverhältnisse der verletzten Personen ist nicht so einseitig.)

    Diese Information vermisse ich dieser Tage in den Medien generell... und finde sie durchaus nicht überflüssig!

  • MD
    Martin D.

    rufus:

     

    die grünen machen nichts gegen autonarren?? die grünen sind für ein generelles tempolimit und für stark progressive kfz-steuern. das sind nur zwei beispiele.

     

    natürlich hatte der vater den sohn zum waffennarren erzogen, schon in jungen jahren in den schießsport eingeführt.

     

    man kann übrigens nur die legalen waffen verbieten, denn die illegalen sind es ja schon. eine seltsame logik haben Sie.

     

    anteil von 0,004%? diese zahl ist offensichtlich völlig falsch. hapert es an der prozentrechnung? vermutlich ist gemeint: 4 von 1000 fällen, aber selbst das wäre nicht korrekt. außerdem: lieber 100 banküberfälle mit illegalen waffen als ein tötlicher amoklauf mit toten, soviel zur statistik.

     

    was ist daran negativ, wenn sich die grünen profilieren? besser als eine profillose CDU und FDP. übrigens ist das grüne profil scharf und offen.

  • JD
    ja danke

    Also mal ganz ehrlich...

    alle anderen Amokläufer haben sich die Waffen anderswo- z.B aus dem Internet- besorgt.. dieses Urteil ist einfach nur lächerlich.

     

    Jedes Kind schafft es heutzutage sich ne Knarre zu besorgen... wenn es genug Geld hat.

  • R
    Rufus

    Selbstverständlich kann man den Vater nach §222 StGB anklagen. Bitte hier, den Wortlaut des Gesetzes nachzulesen, wer ihn nicht bereits kennt.

    Das hat nichts mit "Sippenhaftung" etc. zu tun.

     

    Leider tauchen allerdings auch hier wieder Begriffe wie "Waffennarr" auf. Diese Wortwahl ist natürlich die schiere, journalistisch manipulierte, Unwissenheit.

     

    Darauf bezogen, zur Diffamierung auf derselben Ebene:

    Wo bitte ist der Aufschrei der Presse und der "Grünen" darüber, dass jedes Jahr(!) Jahr 4000 "Autonarren" ihr Leben im Straßenverkehr verlieren. Muss jetzt nicht unbedingt ENDLICH auf ein Komplettverbot von privaten PKW gedrungen werden? Diese Frage gilt ganz besonders für die "Grünen", die sich hier wieder einmal nicht gerade mit Ruhm bekleckern.

    Aber diese Partei ist ja sowieso ein ("Wendehals")Fall wie aus dem Lehrbuch.

     

    Und was ist mit den illegalen Waffen, deren Anzahl die legalen um ~ das 3fache überschreiten?

    Was ist mit der Begehung von Gewaltstraftaten, an denen die legalen Waffen einen ungefähren Anteil von 0,004% haben, die illegalen jedoch einen extrem weit höheren Anteil?

     

    Das heißt also: Die "Grünen" reden Unsinn mit dem Begehren. Denen geht es doch garnicht um die Sicherheit der Bürger. Die wollen sich nur mal wieder profilieren, weil ja sonst keine Innovation mehr von denen kommt.

    Sicherlich wird jeder Besitzer illegaler Waffen mit Freuden seine Pusten abliefern.. wenn die Grünen es nur wollen.

     

    Manchmal fragt man sich wirklich, welchen Geistes Kind diese Politiker sind.

    Vernunftbegabtes, logisches Denken kann das nicht sein. Leider.

  • M
    Martin

    liebe marie j.,

     

    wir sind doch alle tolerant und weltoffen und modern, menschen sollten nicht unnötig unterschieden werden in dicke und dünne, in arme und reiche, in blonde und brünette, in deutsche und migranten. nur wo es der zusammenhang erfordert, sollten diese begriffe auch benutzt werden. das gilt auch für die unterscheidung in männer und frauen. ich bin gegen die spaltung der menschen in männer und frauen, in lehrer und lehrerinnen, in schüler und schülerinnen. die einigung auf einen geschlechtsneutralen plural ist sinnvoll und spaltet nicht. wir sollten die einwohner nicht spalten in deutsche und nichtdeutsche, aber auch nicht in männer und frauen. wozu diese spaltung? sie ist meist völlig überflüssig.

  • M
    Martinus

    Wann merken es diese Personen mit ihren privaten Waffenarsenalen denn endlich, dass sie in Deutschland unerwünscht sind, wenn sie durch ihr Verhalten eine solche Kriminalität und Massenmord ermöglichen? Auch wenn es vielleicht nicht bei allen populär ist, sollten wir daran denken, dass es in solchen Fällen viel eher als bei Roma nachvollziehbar wäre, sie in Drittländer abzuschieben oder zumindest in Lagern zu beaufsichtigen.

  • DW
    dieter wolf

    Marie J: Sie haben bei einem so ernsten Thema keinen anderen Beitrag als diese Albernheiten ?

  • S
    Sebastian

    So ist es halt in Deutschland, am besten alles verbieten.

     

    Ich finde man sollte erstmal bevor man an die legalen Waffen rangeht die illegalen Waffen aus den Verkehr ziehen, nur das ist halt etwas schwieriger weil die Kriminellen ja nicht das machen was der Staat will.

     

    Und die Hetze gegenüber Waffenliebhaber finde ich hier in der taz zum kotzen. Auf der einen Seite regt man sich hier über die Hetze in der BILD auf, dabei macht man das doch hier genauso, da gibt's keinen Unterschied mehr!

  • MD
    Martin D.

    Der Vater hatte seinen Sohn zum Waffennarren erzogen, zudem war er in psychatrischer Behandlung. Trotzdem war die Waffe frei zugänglich. Bei einem solchen Vorgehen könnte fast Vorsatz unterstellt werden, das erinnert an die Abrichtung eines Kampfhundes.

  • MJ
    Marie J.

    Der generelle Gebrauch des generischen Maskulins fällt mir in diesem Artikel extrem negativ auf. Es wird nicht nur von "Verteigern" geschrieben wird, auch die Opfer werden in diesem Artikel als "Schüler" und "Lehrer" (und Menschen) bezeichnet. Wobei von den 9 ermordeten Schülern, 8 Schülerinnen weiblich waren und die 3 "Lehrer" allesamt Lehrerinnen. Eine wesentliche Information, die meines Erachtens nicht hinter den Floskeln besserer Lesbarkeit oder Neutralität versteckt werden sollte. Hierzu auch http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2009/juliaugust-2009/ermittlungen-winnenden-2009-05-28/

  • O
    olli

    Ja genau! Typisch deutsch... Verbieten und alles ist in Ordnung.

    Die Naivität einiger dieser "Experten" ist erschreckend...

  • S
    stabil

    "Amokläufer-Vater" - haben wir uns das jetzt bei BILD abgeschaut? Wäre "Vater des Amokläufers" zu viel Aufwand gewesen?

  • J
    Julia

    Der 17-jährige Sohn hätte den Zugangscode zum Waffenschrank gekannt, sodass die Tat auch bei rechtmäßiger Aufbewahrung passiert wäre.

    ---------------

    Na, wenn der Sohn den Zugangscode kennt muss der Code halt geändert werden. Wenn ich etwas in nen Safe lege und den Code daneben schreibe oder den Schlüssel an den Safe hänge kann man wohl kaum von rechtmäßiger Aufbewahrung sprechen. *kopfschüttel*

  • K
    Karl

    ?

     

    Dachte Sippenhaft wäre in einem demokratischen Rechtsstaat verboten?

     

    Wegen Verstoßes gegen das WaffG ist der VAter sicher zu belangen, nur jeamden für die Taten eines Dritten belangen zu wollen......

     

    Fats wie die alten RAF-Verfahren; Rache nicht Recht....

     

    Karl