Prozess um Verbrauchertäuschung: Mineralwasser darf "Bio" heißen
Darauf hat die Welt gewartet. Endlich gibt es auch "Biomineralwasser". Die Bezeichnung sei nicht irreführend, urteilte ein Landesgericht. Eine Revision steht noch aus.
BERLIN taz | Die Bezeichnung Biomineralwasser für ein Produkt mit weniger Schadstoffen und einem ökologischen Herstellungsprozess ist zulässig. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg am Dienstag entschieden.
Die Brauerei Neumarkter Lammsbräu darf ihr Mineralwasser weiter als "bio" bewerben. Damit hob es ein früheres Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf. Allerdings darf Lammsbräu sein selbst kreiertes Biosiegel nicht mehr nutzen, weil eine Verwechslung mit dem offiziellen EU-Biosiegel möglich sei.
Seit 2009 verkauft die Brauerei aus dem bayerischen Neumarkt Biosprudel. Die Kriterien darüber, was biologisches Mineralwasser sei, hat die Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser aufgestellt. Der Verein wurde von Lammsbräu mitgegründet und vergibt auch das Biosiegel.
Gegen die Bezeichnung geklagt hatte die Wettbewerbszentrale, ein Verein zur Selbstkontrolle der deutschen Wirtschaft. Biomineralwasser unterscheide sich nach ihrer Ansicht nicht von gewöhnlichem Mineralwasser. Das Landgericht war im Frühjahr dieser Argumentation gefolgt. Sein Urteil hob das Oberlandesgericht nun teilweise auf. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof ist möglich, die Wettbewerbszentrale ließ bisher offen, ob sie diese Möglichkeit wahrnehmen wird.
Unterscheidung von (einigen) Mineralwässern
Das Gericht stellte fest, dass sich das Mineralwasser von Lammsbräu "tatsächlich von zwar nicht allen, aber doch vielen anderen Mineralwässern unterscheide", heißt es in der Urteilsbegründung. "Denn nach dem von dem Beklagten vorgelegten Kriterienkatalog werden bei Biomineralwasser die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Inhaltsstoffe erheblich unterschritten."
Die Begründung des Gerichts nicht nachvollziehen kann der Verband Deutscher Mineralbrunnen: "Für Mineralwässer sind schon sehr strenge Qualitätskriterien vorgegeben", sagte Arno Dopychai, Sprecher des Verbandes, "von daher gibt es kein besseres oder schlechteres Mineralwasser. Der Begriff bio passt hier nicht."
Grundsätzlich positiv sieht der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) das Urteil des Gerichts. "Es ist wichtig und notwendig, dass privatwirtschaftliche Verbände selbst ökologische Standards definieren können", so Axel Beck, Vorstand im BÖLW. "Wir brauchen eine Diskussion darüber, was ,Biomineralwasser' ausmacht - möglicherweise sollte langfristig ein gesetzlicher Standard etabliert werden."
In Sachen Ökobilanz ganz vorne liegt übrigens Wasser direkt aus dem Hahn. Der Energieverbrauch bei Mineralwasser aus Flaschen ist um das 100-fache höher als bei Leitungswasser, so das Ergebnis einer Studie der Schweizer Firma ESU-Services im Jahr 2006. Daran dürfte auch Biomineralwasser nichts signifikant ändern.
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