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Prozess in FrankfurtMörder verlangt Schmerzensgeld

Der Entführer und Kindsmörder Magnus Gäfgen klagt auf Schadenersatz. Er leide bis heute unter der Folterdrohung des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner.

Magnus Gäfgen (r.) neben seinem Anwalt Michael Heuchemer: Er verklagt das Land Hessen auf Schadenersatz. Bild: reuters

FRANKFURT/MAIN taz | Magnus Gäfgen präsentierte sich mal wieder in seiner Lieblingsrolle: als Opfer. Der verurteilte Entführer und Kindsmörder verlangt vom Land Hessen Schadenersatz. Wegen einer Folterdrohung im Frankfurter Polizeipräsidium sei er heute noch traumatisiert. Am Donnerstag verhandelte das Frankfurter Landgericht über die Klage.

Vor neun Jahren hatte der damals 27-jährige Jurastudent Gäfgen aus Geldgier den Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet. Gäfgen wurde später zu lebenslanger Haft verurteilt und sitzt seit neun Jahren im Gefängnis Schwalmstadt.

Nun aber fordert Gäfgen vom Land Hessen Schmerzensgeld in bislang unbenannter Höhe. Begründung: Als Gäfgen verhaftet wurde, ließ ihm der Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner die Zufügung von Schmerzen androhen. In diesem Moment hoffte die Polizei noch, den elfjährigen Jakob retten zu können - während Gäfgen schwieg oder Lügen erzählte.

Der Student verriet den Fundort von Jakob erst, als ihm ein Kommissar im Auftrag von Daschner düster die baldige Ankunft eines "Spezialisten" ankündigte. Außerdem habe ihn der Kommissar gepackt, geschüttelt und geschlagen. Daschner und der Kommissar wurden später wegen Nötigung - milde - bestraft. Beide erhielten nur eine Verwarnung, außerdem wurde ihnen eine Geldstrafe angedroht.

Der renommierte Münchener Gerichtspsychiater Norbert Nedopil bestätigte nun in einem Gutachten, dass Gäfgen tatsächlich an einer "posttraumatischen Belastungsstörung" leide. Die "Ohnmachtsgefühle" bei der polizeilichen Folterdrohung könnten mit hierzu beigetragen haben, so der Psychiater. Es gebe aber noch mehrere andere mögliche Ursachen für das Entstehen der psychischen Störung, etwa der Verlust von Gäfgens Lebensperspektive und die Erfahrung, einen Menschen getötet zu haben. Allerdings passten die Symptome von Gäfgens Störung - dass er mehr frage "was habt Ihr mir angetan" als "was habe ich getan" - zu einer Nachwirkung der als ausweglos erlebten Gewaltdrohung.

Der Anwalt des Landes Hessen, Thomas Kittner, kritisierte das Gutachten. Es gehe viel zu wenig auf Gäfgens Tötungshandlung ein. "Wenn jemand den minutenlangen Todeskampf eines Kindes selbst verursacht und miterlebt, dann muss das doch viel traumatisierender sein als eine Verhörsituation", empörte sich Kittner. Nedopil räumte ein, dass eine derartige Erfahrung alles andere überlagern könne, vor allem wenn der Tötungsakt dramatischer verlaufe als ursprünglich geplant.

Nun muss das Gericht entscheiden, ob es das rechtswidrige Vorgehen der Polizei als Grund für Gäfgens psychische Probleme anerkennt. Die Richter deuteten an, dass Gäfgens Weigerung, über die Erdrosselung Jakobs zu sprechen, im Zivilprozess zu seinen Lasten gehe.

Gäfgen, der mit Handschellen in den Saal geführt worden war, hörte sich die Ausführungen Nedopils regungslos an, zurückgelehnt, die Hände im Schoß. Er ist jetzt 35, wirkt aber immer noch jungenhaft. Hinter Gittern hat er längst sein Staatsexamen abgelegt und ein Buch über seine angebliche Läuterung geschrieben ("Allein mit Gott"). Vor Gericht fand er aber kein Wort der Trauer oder der Selbstkritik, vielmehr war er bei seiner Aussage ganz auf das ihm angetane Unrecht fixiert. Nur einmal zeigte Gäfgen Emotionen: als der Kommissar, der ihn damals verhörte, seine Aussage machte.

Ein falsches, "politisches Urteil"

Kommissar Ortwin Ennigkeit wusch seine Hände in Unschuld. Er habe Gäfgen nicht einmal angefasst, und schon gar nicht geschüttelt oder geschlagen. "Warum lügt dieser Mensch so?", fragte er mit Blick auf Gäfgen. Er bestritt auch, dass er Gäfgen Schmerzen angedroht habe. "Ich habe ihm nur angekündigt, was passiert, wenn er nicht sagt, wo Jakob steckt."

Die Richter fanden aber, dass dies aus dem Mund eines Polizisten doch wie eine Drohung klingen könnte. Außerdem beharrte Ennigkeit darauf, dass der Student nicht wegen der angekündigten Schmerzen gestanden habe. Vielmehr habe seine, Ennigkeits, eindringliche Fragetechnik zum Erfolg geführt. "Ich habe ihm zwar Angst gemacht, aber Angst vor Alpträumen, dass er nachts schweißgebadet aufwachen wird, wenn er nicht sofort sagt, wo wir Jakob finden können." Auch dies fand das Gericht nicht sehr überzeugend, da Gäfgen ja wusste, dass Jakob zu diesem Zeitpunkt schon tot war.

Ennigkeit zeigte sich als lebendiger Erzähler. Dass er strafrechtlich verurteilt wurde, hat er aber immer noch nicht akzeptiert. Das sei ein falsches, "politisches Urteil" gewesen, sagte er den verblüfften Frankfurter Richtern. Auf Rechtsmittel habe er nur deshalb verzichtet, um endlich seine Ruhe zu haben. Dennoch lässt ihn Gäfgen nicht los. Auch Ennigkeit arbeitet an einem Buch.

Gegen Abend wurde endlich Wolfgang Daschner befragt. Auch der inzwischen pensionierte Beamte hält sein damaliges Verhalten heute noch für zulässig. Wortreich schilderte Daschner, dass die Anwendung "unmittelbaren Zwangs" in vielen Spielarten "bis zum Todesschuss" erlaubt sei. Das Gericht ließ den Unbelehrbaren reden und wies ihn kein einziges Mal darauf hin, dass die Erzwingung von Aussagen mit Schmerzen eindeutig verboten ist.

Gäfgens Anwalt Heuchemer wollte von Daschner vor allem wissen, welche hochrangigen Stellen in der hessischen Politik ihm vorab Rückendeckung gegeben hatten. Im Strafprozess hatte Daschner zwar entsprechende Andeutungen gemacht, aber keine Namen genannt. Im jetzigen Prozess war er nur noch Zeuge und hatte kein Aussageverweigerungsrecht mehr, was Heuchemer nutzen wollte. Im Vorfeld hatte der Anwalt sogar erklärt, die Aufklärung der Wahrheit sei sein und Gäfgens eigentliches Interesse. Die Forderung nach Schmerzensgeld sei nur ein Vehikel, um Daschner zur Aussage zu zwingen. Gäfgen interessierte sich dann aber doch nicht so sehr für die Aufklärung. Vor der Vernehmung Daschners ließ er sich zurück in seine Zelle bringen.

Die ganz große Sensation blieb bei der Aussage Daschners freilich aus. Er habe damals nicht mit Volker Bouffier - zu dieser Zeit Innenminister, heute hessischer CDU-Ministerpräsident - gesprochen. "Herr Bouffier war meines Wissens sogar im Urlaub", sagte Daschner, um alle Zweifel zu zerstreuen. Sein Ansprechpartner im hessischen Innenministerium sei der damalige Präsident des Landeskriminalamts, Norbert Nedela, gewesen. Er sei aber davon ausgegangen, dass auch der damalige Innen-Staatsekretär Udo Corts (CDU) informiert gewesen sei.

Nedela habe ihm den Eindruck vermittelt, dass seine Überlegungen, Gäfgen Schmerzen anzudrohen und notfalls auch zuzufügen, unterstützt werden. Während Daschner sein Amt als Vize-Chef der Frankfurter Polizei bald nach der Affäre verlor, wurde Nedela ein Jahr später zum Landespolizeipräsidenten befördert. Allerdings kann ihm Daschners Enthüllung auch jetzt nicht mehr schaden. denn seit letzten November ist er nicht mehr im Amt. Der neue hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte Nedela wegen Kritik an dessen Führungsstil entlassen.

Genaueres wollte Anwalt Heuchemer nun auch über den so genannten Spezialisten wissen, "Warum lassen Sie diesen Beamten mit dem Hubschrauber aus dem Urlaub nach Frankfurt einfliegen? Werden hier etwa spezielle Fähigkeiten vorgehalten?" Daschner verwies darauf, dass der Beamte privat eine Übungsleiterlizenz des Deutschen Sportbundes besitze. "Und es gibt Sportarten bei denen es erlaubt ist, anderen Schmerzen zuzufügen, etwa Ringen oder Judo", so der wenig überzeugende Erklärungsversuch Daschners.

Wie der Prozess um das Schmerzensgeld ausgehen wird, ist völlig offen. Das Landgericht hatte Gäfgen mangels Erfolgsaussichten ursprünglich nicht einmal Prozesskostenhilfe gewähren wollen. Doch das Bundesverfassungsgericht erzwang 2008 eine Verhandlung, weil die Klage "schwierige Rechtsfragen" aufweise. Christoph Hefter, der Vorsitzende Richter des Frankfurter Gerichts, kündigte nach der unerwartet langen Verhandlung an, das Urteil werde erst am 1. Juni verkündet.

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34 Kommentare

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  • TU
    The User

    „Das bedeutet folgerichtig das eine strafe eben NICHT nur der Prevention der Öffentlichkeit vor weiteren straftanen und der Resozialisierung der täter dient sondern eben AUCH der satisfaction /RACHE der Opfer für das Ihnen angetanene Unrecht!“

    Das weiß ich und habe ich nie bezweifelt. Ich habe geschrieben, Strafen SOLLTEN (Konjunktiv 2) nichts durch Rache sondern durch vernünftig begründet werden, und dass Gerechtigkeit und Sühne durch diese Strafen nicht erreicht werden, u.a. weil ich Sühne für ein rein imaginäres Konzept halte.

  • S
    sammael

    @ TheUser:

     

    "Solche Strafen haben nichts mit Gerechtigkeit oder Sühne zu tun, sie sollten lediglich dem notwendigen Schutz der anderen Menschen dienen"

     

    Falsch! Das Gewaltmonopol des Staates basiert auf einen Deal: " Du, Bürger, verzichtest auf die Sanktion eines dir angetanenen Unrechtes und überlässt das dem Staat" Primär wurde dieses verfahren eingeführt um Blutracheketten zu durchbrechen in dem eine übergelagerte Instanz 8Staat) die RACHE (Strafe) ausübte.

    Das bedeutet folgerichtig das eine strafe eben NICHT nur der Prevention der Öffentlichkeit vor weiteren straftanen und der Resozialisierung der täter dient sondern eben AUCH der satisfaction /RACHE der Opfer für das Ihnen angetanene Unrecht!

     

    Ausserdem empfehle ich allen die meinen, das Täter mit Gesprächskreisen,Therapierunden oder/und Antiagressionstraining von der "Krankheit" DAS BÖSE geheilt werden könnten das Buch von Eugen Sorg: Die Lust am Bösen (warum Gewalt nicht therapierbar ist)

  • TU
    The User

    @PsychoBrille

    „er fühlt sich als opfer. und vermutlich war er das auch, und zwar sehr lange vor der vernehmung, vor dem mord und der entführung des kindes.“

    Ja, wie jeder Mensch auf diesem Planeten. Das Konzept von Schuld und Sühne ist nur eine fadenscheinige Begründung für für die Sicherheit notwendige sowie lediglich der Rache dienende Maßnahmen.

     

    http://the-user.org/post/der-eklige-morder

  • P
    PsychoBrille

    @lucia

    ja, das böse ist banal und schlummert in jedem. das wissen wir seit dem von hannah arendt begleiteten und analysierten eichmann-prozess.

     

    ich bestreite aber, dass, wer eine eigene lebensbejahende moralische struktur entwickeln konnte, zu sinnloser grausamkeit neigt (wir sprechen hier von erwachsenen tätern, nicht von psychisch unausgereiften kindern, die insekten gern mal aus neugier die beine ausreißen).

     

    gäfgen hat das kind nicht zufällig erdrosselt, und niemand gab ihn den befehl dazu. vielmehr wird es für sein furchtbares handeln gründe geben, unabhängig von seiner angst verraten werden zu können. diese gründe hängen zusammen mit seiner unfähigkeit zur empathie. auch sie ist kein zufall sondern krankhaft.

     

    auch ich empfehle dazu die lektüre eines aufschlussreichen buches von Alice Miller "Am Anfang war Erziehung".

     

    es soll eltern geben, die ihren säuglingen die gurgel zudrücken, wenn sie nicht aufhören zu schreien, woher wissen wir, ob gäfgen nicht ein traumatisierendes lebensereignis reinszeniert hat? niemand kann wissen, ob seine grausame tat, die ermordung des jungen, ihn nicht auch selbst retraumatisiert hat. vermutlich weiß er das selber nicht. was er aber weiß ist, dass er sich vor dem vernehmenden, ihn drohenden polizeipräsidenten geängstigt hat. er fühlt sich als opfer. und vermutlich war er das auch, und zwar sehr lange vor der vernehmung, vor dem mord und der entführung des kindes.

  • L
    Lucia

    Magnus Gäfgen hat eine Fehlentscheidung getroffen, mit der er sein Leben ruiniert hat.

    Wenn er die Tat schon nicht ungeschehen machen kann, so will er wenigstens als Mensch gesehen werden.

     

    Denn wer „solche Subjekte“ als Monster bezeichnet sollte folgendes bedenken:

     

    Wer kann sich davon freisprechen, daß er, wäre er im Nazideutschland aufgewachsen, nicht auch KZ-Aufseher/In geworden wäre? Freiwillig andere gequält / gefoltert hätte? Also Fehlentscheidungen jeden Tag?

     

    Und was ist mit den Bombenflugzeugen, die ihre Bomben auf wehrlose Zivilisten abwarfen? Tausende starben, und die Bomber bekommen einen Orden dafür?

    Wie soll man das bewerten?

    Fazit: das Böse schlummert latent in jedem. Unter bestimmten Bedingungen kommt es zum Ausbruch. Hinweise darauf:

    Das Stanford-Prison-Experiment, das Milgram Experiment:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Stanford-Prison-Experiment

  • TU
    The User

    @mörderfeind

    „Dieser Verbrecher hat ein Kind entführt und ermordet. Darunter leidet dieser Unsägliche nicht, statt dessen aber an den zweifellos fragwürdigen, den Umständen nach jedoch nachvollziehbaren Drohungen, die dazu dienten, das Kind noch lebend zu finden.“

    Was kann er dafür, wenn er keine Empathie empfindet? Solche Strafen haben nichts mit Gerechtigkeit oder Sühne zu tun, sie sollten lediglich dem notwendigen Schutz der anderen Menschen dienen, in der Praxis verkommen sie leider auch zu Rache-Instrumenten.

  • L
    Leidkultur

    Einerseits nutzt dieser Mann nur die Rechte die ihm der Rechtstaat zubilligt. Andererseits möchte man ihm sagen: "Junge, wenn du noch einen Funken Anstand in dir hast...."

    Und Heuchemer geht es doch nicht um den Verbrecher Gäfgen, sondern um die Selbstdarstellung seines eigenen fehlgeleiteten Egos, sonst würde er das Mandat für solche Subjekte gar nicht annehmen. Leider geht es in diesem Berufszweig allzu oft um den schnöden Mammon und nicht um Werte wie Anstand und Moral.

  • TU
    The User

    „Wenn es so klar ist, dass Folter unter allen Umständen verwerflich und ein Straftatbestand ist, warum ist es uns dann überhaupt der Erwähnung wert, dass ein Opfer dieser Straftat Schmerzensgeld verlangt? Und sogar mehr als ‚der Erwähnung wert‘, es kommt uns zutiefst seltsam vor. Man wird das Gefühl nicht los, dass da etwas ganz Grundsätzliches nicht stimmt.“

    Tja, eigentlich sollte sowas gar nicht in der Presse erwähnt werden, das ist was für die Bild-Hetze, schlimm genug, dass die das bringen, aber natürlich auch klar. Der soll sein Schmerzensgeld bekommen, wenn das mit seiner Psyche stimmt, so ist es nur gerecht. Auch moralisch ist das vollkommen sinnvoll, das ist unabhängig von seiner Tat und er hat genauso eine Entschädigung verdient für die Folterandrohung wie jeder andere in seiner Situation, und auch pragmatisch, wenn man sich überlegt, dass das Folterverbot nicht aufgeweicht werden soll.

     

    „Wie wäre wohl die öffentliche Bewertung ausgefallen, wenn die Sachlage so gewesen wäre, dass das Leben des Kindes durch die Folterandrohung in letzter Sekunde hätte gerettet werden können? Wären sie sich dann auch alle so einig in der Verurteilung gewesen?“

    Ach was, was hätte ihm in diesem Fall das Schweigen gebracht? Der Kerl ist doch nicht dumm.

     

    „Aber das Leben ist nun mal kompliziert. Man sollte damit klar kommen, dass man öfter mal um zwei, drei Ecken und mehrere verschachtelte Argumente weiter denken muss und dann womöglich immer noch zu keinem eindeutigen, abschließenden Ergebnis gekommen ist.“

    Doch, das ist ein Rechtfertigungsversuch für Folter.

     

    @Orthos

    „So aber bleibt es ein makaberer Akt brachialster Widerwärtigkeit.“

    Hat dir das die Bild vorgekaut?

     

    @Haggi

    „Moralisch ist es zum Kotzen, was Gäfgen da aufführt.“

    Nein, das tut keinem weh, wenn er auch sein Recht bekommt.

  • L
    Loti

    Guantanamo wäre noch ein Paradies für diesen Kindergesichtmörder.

  • V
    Vic

    In diesem Fall bin ich für eine Lösung, die nur heißen kann: Übergebt ihn den Eltern des Opfers, eine Woche lang. Der ist doch krank, frech und skrupellos. Ich wundere mich über soviel Verteidigung bis hin zu Verständnis für diesen miesen Mörder und seine unverschämten Vorgehensweisen.

    Hier ändert sich nix: Viele Deutsche schützen Täter und die Opfer sind ihnen wurscht. Egal wie oft das Gegenteil mit Krokodilstränen behauptet wird.

  • S
    Stephanie

    Mir leuchtet auch ein, dass jede Menge für ein absolutes Folterverbot spricht, aber noch viel mehr leuchtet mir ein, dass man es sich ein bisschen zu leicht macht, wenn man die Argumentation an dieser Stelle abbrechen lässt.

     

    Wenn es so klar ist, dass Folter unter allen Umständen verwerflich und ein Straftatbestand ist, warum ist es uns dann überhaupt der Erwähnung wert, dass ein Opfer dieser Straftat Schmerzensgeld verlangt? Und sogar mehr als "der Erwähnung wert", es kommt uns zutiefst seltsam vor. Man wird das Gefühl nicht los, dass da etwas ganz Grundsätzliches nicht stimmt.

     

    Und was ich mich schon seit damals frage:

    Wie wäre wohl die öffentliche Bewertung ausgefallen, wenn die Sachlage so gewesen wäre, dass das Leben des Kindes durch die Folterandrohung in letzter Sekunde hätte gerettet werden können? Wären sie sich dann auch alle so einig in der Verurteilung gewesen?

     

    Das soll kein Plädoyer für Folter sein.

    Aber das Leben ist nun mal kompliziert. Man sollte damit klar kommen, dass man öfter mal um zwei, drei Ecken und mehrere verschachtelte Argumente weiter denken muss und dann womöglich immer noch zu keinem eindeutigen, abschließenden Ergebnis gekommen ist.

  • P
    pablo

    Erstmal ist der Täter Mensch und als solcher ist er zu behandeln. In unserem Rechtsstaat gelten die Gesetze für alle Menschen, ob Täter oder Opfer, und daraus resultieren die Rechte die der Mensch hat. Und allen denen das nicht passt sei angeranten sich in die Diktaturen dieser Welt zu begeben, da bekommt ihr das was ihr euch so sehr wünscht.

  • H
    Haggi

    Dass ein Kindermörder sich auf so eklige Weise als Opfer inszenieren kann, ist wohl der Preis, den man für Rechtsstaatlichkeit bezahlen muss, in dem auch dieser Mensch seine Rechte hat. Im Prinzip kann man also nicht mit zweierlei Maß messen (je nach dem, wer das "Opfer" ist), wenn es um verbotene Folterandrohung geht; man kann nur den rechtichen Rahmen ausnutzen, der es erlaubt, Daschner möglichst mild zu bestrafen und Gäfgen möglichst hart. Moralisch ist es zum Kotzen, was Gäfgen da aufführt.

  • U
    Unwichtig

    @joe conte

     

    Okay, überlegen wir mal was welche (verfassungs- und menschenrechtlichen) Grundsätze du da aussetzen möchtest:

     

    1. Ein Strafprozess ohne Öffentlichkeit: Dir schwebt also ein Staat vor der Leute im Dunkeln verurteilt ohne das andere davon was mitbekommen.

     

    2. Aussetzung des Rückwirkungsverbot: Obwohl man bereits bestraft wurde, erlaubst du dem Staat eine erneute Bestrafung. Das heißt, egal welche Straftat man beging, man ist ständig in Gefahr das das Urteil geändert und verschwärft wird, wenn ein Richter es sich anders überlegt. Man wäre vollkommenenes Subjekt richterlicher Willkür.

     

    3. Ablehung jeglicher entschuldigender/rechtfertigender Gründe:

    Ob man zur Tat gezwungen wurde, nicht wusste was man tut, ob man geistig verwirrt war, ob man zu jung ist, ob man jemand anderes retten wollte oder was auch immer spielt soll keine Rolle spielen und alles gleich bewertet werden.

     

    Und du nennst deine Alternative moralisch?

    Bravo.

  • JC
    joe conte

    Das Gutachten des Herrn Gerichtsmediziners und Psychiaters Nekrophil ist erschütternd. Wirft unweigerlich die Frage auf: wer unterstützt eine derartig teuflische Entwicklung finanziell?

     

    Wir verschwenden zu viele Mittel für solche menschliche Abfälle. DieseS Wesen hat nichts zu fordern.

    Pragmatisch vorgehen ist die einzige Rettung gegen amoralische und unmenschliche Verhaltensweisen in unserer Gesellschaft:

     

    1. keine mediale Aufmerksamkeit

     

    2. die Strafe durch einen erneuten Prozess erhöhen

     

    3. wer sich am Leben eines anderen sich vergreift, hat keine mildernde Umstände zu erwarten.

  • S
    stefan

    die Gesellschaft muss leider mit einer bestimmten Prozentzahl Psychopathen leben. Diese sind unfähig zu Empathie oder Reue, stellen sich selber als Opfer dar, sind geltungssüchtig und manipulativ und spielen Gott. Sie sind nicht therapierbar.

    Aber auch hier gilt: keine Folter oder Androhung von Folter in einem Rechtsstaat. Aber ich weiß nicht was ich getan hätte um den Jungen lebend zu finden.

  • F
    Folter

    Egal welche Motive Herr Daschner hatte,

     

    was er getan hat ist Androhung von Folter durch einen leitenden Polizeibeamten. Die Androhung von Folter ist aus gutem Grund in Deutschland verboten. In sofern ist die Forderung des Täters nur zu gut berechtigt auch wenn er ein verurteilter Krimineller ist der hoffentlich eine lange Haftstrafe abzusitzen hat.

     

    All jene die sich jetzt über den Täter aufregen oder Herr Daschner das Bundesverdienstkreuz wünschen sollten bedenken, dass auch in Guantanamo mit guten Absichten gefoltert wird und manche der Häftlinge eventuell tatsächlich Terroristen sind.

     

    Trotz dem rechtfertigt dies doch noch lange nicht die dort angewandte Folter.

  • O
    Orthos

    Wenn das Ganze nicht einen derart tragischen Hintergrund hätte, dann wäre Gäfgens "Anschuldigung" einfach nur lächerlich.

     

    So aber bleibt es ein makaberer Akt brachialster Widerwärtigkeit. Es ist eigentlich unfassbar. Dieser verachtenswerte Typ hat ein KIND qualvoll umgebracht. Jetzt zu behaupten, seine psychischen Schäden beruhten auf der Behandlung durch die Polizei, ist ähnlich absurd wie jemand, der sich über eine raschelnde Zeitung beschwert, während keine fünf Meter entfernt ein Starfighter sein Triebwerk zündet - inklusive Nachbrenner.

  • W
    writing.angel

    Die richterlich verfügte Applikation eines sogenannten Wahrheitsserums (Scopolamin und Opiate) und anschließendes Verhör sollte als Alternative zur Erpressung einer Aussage - statt Folter oder Androhung von Folter, um das Leben eines oder mehrerer Menschen zu retten - möglich sein. Dazu müsste ein entsprechendes Gesetz erlassen werden, denn zur Zeit ist das in Deutschland verboten.

    Man stelle sich eine Szenario vor, in dem ein Terrorist eine Bombe irgendwo versteckt hat, man aber nicht weiß wann und wo (Flugzeug, Zug, Stadion, etc.), und droht, sie zur Zündung kommen zu lassen. Wenn also höchste Gefahr für das Leben von Menschen besteht und unmittelbar und schnell zur Gefahrenabwendung gehandelt werden MUSS, sollte eine richterliche Anwendung von Wahrheitsdrogen, die in der Praxis sehr wohl funktionieren können, möglich sein. Es ist doch eine Güterabwägung, ob die seelische Unversehrtheit eines potientiellen Möders höher zu bewerten ist, als das Leben seiner unschuldigen Opfer. Ein unmittelbarer Schaden ensteht ja dem vermutlichen Täter bei Anwendung von "Wahrheitsdrogen" nicht.

    Folter sollte aber grundsätzlich nicht erlaubt sein, weil die Missbrauchausmöglichkeiten viel zu groß sind, das Ergebnis zweifelhaft ist und internationale Menschenrechte verletzt werden. Unter Folter werden u.U. aus Angst oder wegend der Schmerzen unwahre, nicht verwertbare Aussagen erpresst.

  • A
    A.N.

    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass einige Leute hier immer nur dann an den Rechtsstaat appelieren, wenn's ihnen passt.

     

    Die eigentliche Farce ist doch, dass die Polizisten damals nicht richtig verurteilt wurden. Folter ist aus gutem Grund hier verboten und darüber wurde sich hinweggesetzt. Ob der Gäfken wirklich traumatisiert ist, ist mir dabei relativ egal, aber er hat nunmal in diesem Land die Möglichkeit eine Traumatisierung zu behaupten. Aber wenn hier auf plötzlich die Grundsätze des Rechtsstaates unwichtig werden krieg ich das Kotzen (Bei Mord aber natürlich auch).

  • KB
    Kunigunde Beh.

    @ Michael Landfried: Danke für die Satire. Soll doch eine sein, oder?

     

    Der Kindsmörder ist tatsächlich nicht ganz bei Trost, derart Gelder einzufordern.

  • W
    WerAuchImmer

    Ich bin immer wieder überrascht wie schnell die Kommentatoren unter mir bereit sind Menschenrechte mit Füßen zu treten. Ich bin dankbar für jeder Art von Staatsapparat die mich vor solchen Menschen schützt.

     

    Es ist natürlich richtig auch Verurteilte vor Gericht anzuhören, es ist natürlich richtig Schäden zu erwägen, die man durch Andohung von Folter erleiden kann, es ist natürlich richtig ihm nicht die Menschenwürde zu nehmen.

  • H
    heinzl

    Sehr guter Artikel! Ausgewogen und ohne die Hetze und Häme die man in vielen anderen Publikationen liest.

    Wenn ich auch als impulsiver Mensch den Mörder Gäfgen gerne alles schlechte wünsche, so ist da doch die leise Stimme der Rationalität und die sagt: Drohen mit Folter ist ein Verbrechen - Wehret den Anfängen.

     

    Ich möchte nicht, dass irgendwann eine Regierung in Deutschland feststellt, dass ein bisschen Folter vielleicht erlaubt ist und dass man unliebsame Gefangene einfach ins Ausland verschleppt und dort foltert.

  • E
    Emma

    Erst ein Kind töten und jetzt jammern und noch Profit rausschlagen, was ist das blos für ein Monster!

  • I
    Ingo

    Wen ihm das Geld "zusteht", sollte er es nicht haben dürfen,

    weil er im Knast ist. Deshalb sollte das Geld an einen Verein gezahlt werden.

  • TB
    Tobias Beuting

    So ein Mensch sollte gar nicht mehr die Möglichkeit haben irgendwelche Einsprüche einzulegen. Wie fühlen sich wohl die Eltern des Kindes, wenn sie lesen müssen, dass sich der Mensch, der ihnen das Kind auf grausame Art genommen hat, sich ungerecht behandelt fühlte und die Methoden der Beamten nicht verkraften kann und nun ein Trauma hat?

    Ich hoffe dieser Mensch wird nie wieder frei sein und irgendwie finde ich es schade, dass er "nur" im Gefängnis sitzt.

  • A
    atypixx

    Soll man ihm doch Schmerzensgeld gewähren - das kann er dann schön an die Eltern des von ihm getöteten Kindes weiterleiten. Die dürften auch ein klitzekleines bisschen traumatisiert sein. Von banaleren Dingen wie Beerdigungskosten von mehreren Tausend Euro mal abgesehen, die Gäfgen bisher wohl auch noch nicht bezahlt hat.

  • ML
    Michael Landfried

    Dieses und schlimmeres Verhalten der Polizei in mehreren Bundesländern macht offensichtlich kein Unterschied mehr zu offenen Diktaturen!

     

    Solcher Staatsterror läßt sich nur mit neutraler, dauernder Kontrolle aller unserer Machtapparate vermeiden.

    Stattdessen wird das Volk überall überwacht und klassifiziert - so geht`s beim nächsten Mal auch schneller, wenn man wieder mal die Rasse reinigen will.

    wenn man dann noch die Bundeswehr, durch Abschaffung der Wehrpflicht, vom Volk isoliert -

    läßt die sich, im Innern eingesetzt, auch gut gegen die große Anzahl der selbstbewusteren Bürger von heute einsetzen!

  • S
    Sontag

    Wenn der Mann damit durchkommt, hat jedes Opfer von Stalking ein Recht auf Schmerzensgeld, denn das steht dann jedem zu, der durch körperliche Gewalt bedroht wurde.

     

    Dennoch ist es richtig, dass diese Frage noch mal juristisch aufgearbeitet wird.

  • F
    FAXENDICKE

    Diese Wichtigtuer beim BVG, sich für kriminelle Verbrecher und Kindsmörder einsetzen, aber wenn Armutsrentner gegen Abschläge von fast 11% bei Erwebsminderungs-und Witwenrente klagen, wird nach Kassenlage entschieden (Jan.2911) und die Klage abgewiesen. Solche unsozialen Schweinereien werden von den Medien natürlich ignoriert.

  • E
    Entschuldigung

    aber hier bleibt mir die Spucke weg. Selbst bei Gewaltausübung, Freispruch für die Beamten und das Bundesverdienstkreuz.

  • M
    mörderfeind

    Es gibt mehr üble Geschehnisse als einem lieb sein kann. Hier wird mir besonders übel.

    Diese speziellen Vorgänge seinerzeit sind bekannt. Dieser Verbrecher hat ein Kind entführt und ermordet. Darunter leidet dieser Unsägliche nicht, statt dessen aber an den zweifellos fragwürdigen, den Umständen nach jedoch nachvollziehbaren Drohungen, die dazu dienten, das Kind noch lebend zu finden.

    Er selbst hat die Ursachen gesetzt und muß nun selbstverständlich die Folgen tragen. Als Jura Student – sofern er noch ein Quentchen Verstand haben sollte – müßte ihm das im Vorhinein klar gewesen sein.

    Klagen dieser Art sollten die Gerichte erst gar nicht annehmen, dafür aber prüfen, ob dieser Herrn nicht umgehend auf Dauer in der Forensik verschwindet. Wer Jahre nach seinem Verbrechen noch solche Ansinnen stellt, ist mit hoher Sicherheit eine Gefahr für seine Mitmenschen.

  • S
    Schlummi

    Erst mal vorneweg:

    Daß Folter und Androhung von Folter verboten sind, ist uneingeschränkt richtig. Zuwiderhandlungen sind zu bestrafen.

    Andernfalls wären wir auf dem Rückweg ins Mittelalter.

     

    Daß aber ein Täter, der aus Geldgier ein Kind in minutenlangem Todeskampf erstickt hat, nun die Folter- androhung dazu nutzt, Schmerzensgeld zu verlangen, macht fassungslos.

     

    Seine Geldgier kennt keine moralischen Grenzen.

  • B
    broxx

    Dieses Monster will nur Geld und Streicheleinheiten! Ich wünsche Herrn Daschner viel Glück bei dieser Farce