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Prozess gegen Pussy RiotPutin macht den milden Mann

Wladimir Putin hat eine nicht zu harte Bestrafung der russischen Punkmusikerinnen von Pussy Riot gefordert. Die drei jungen Frauen hätten ihre Lektion bereits gelernt, sagte Russlands Präsident.

Pussy-Riot-Probe im Februar. Bild: dapd

MOSKAU rtr/dpa | Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich in den laufenden Strafprozess gegen die Frauenband Pussy Riot eingeschaltet und eine nicht zu harte Bestrafung der drei Punkmusikerinnen gefordert.

Dem Protest der Künstlerinnen sei zwar nichts Gutes abzugewinnen, gleichwohl sei Milde angebracht, sagte Putin laut russischen Agenturberichten am Donnerstag in London. Das zu entscheiden sei Sache der Justiz. „Ich hoffe, das Gericht wird zu einem richtigen, gut begründeten Urteil kommen“, fügte der studierte Jurist Putin hinzu.

Maria Aljochina (24), Nadeschda Tolokonnikowa (22) und Jekaterina Samuzewitsch (29) drohen nach einem Punkgebet gegen Putin und Patriarch Kirill in der wichtigsten russisch-orthodoxen Kathedrale sieben Jahre Haft wegen „Hooliganismus aus religiösem Hass“. Seit Tagen fordern Künstler und Politiker international die Freilassung der Musikerinnen.

Putin verurteilte den Kirchenauftritt der vermummten Musikerinnen zwar erneut, äußerte aber auch die Hoffnung, dass die Angeklagten aus den Folgen ihrer Aktion gelernt hätten. Die Kirche hatte das Gebet für Putins politisches Ende als Gotteslästerung gebrandmarkt. Die Frauen stehen auch wegen Verletzung zu religiöser Gefühle vor Gericht. Putin gab zu bedenken, dass eine vergleichbare Aktion etwa im islamisch geprägten russischen Konfliktgebiet Nordkaukasus für die Künstlerinnen lebensgefährlich hätte sein können.

Überraschend habe sich Putin nun „weicher“ als zuletzt geäußert, sagte der Verteidiger Nikolai Polosow. „Das könnte mit Druck von außen zusammenhängen – oder von innen heraus kommen“, sagte er. Das könne auf einen „Wendepunkt“ hindeuten. Zwar kritisieren Kremlgegner immer wieder die politische Einmischung in laufende Verfahren in Russland. Dies könne aber ein positives Signal sein, sagte Polosow. Die Verteidigung werde am Ende nur einen Freispruch akzeptieren.

Auch vor Putins Besuch in London gab es Proteste gegen den Prozess, den Menschenrechtler als politisch gesteuertes Verfahren kritisieren. Die Vorwürfe gegen die Frauen seien absurd, schrieben Musiker wie Jarvis Cocker, Pete Townshend, Kate Nash und Martha Wainwright in der Zeitung The Times. „Eine andere Meinung zu haben, ist in jeder Demokratie ein Grundrecht.“

Die jungen Frauen, die im Gericht in einem Kasten aus Plexiglas ausharren müssen, beschweren sich seit dem Prozessbeginn am Montag über zu wenig Schlaf und Essen sowie fehlende Pausen. Russische Anwälte veröffentlichten eine Resolution, in der sie den Prozess als Justizskandal bezeichneten, der die Rechtsgrundlagen des Staates zerstören könne.

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4 Kommentare

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  • S
    Schoenlink

    Ob putin den milden oder den wilden mann spielt, egal. Für die taz bleibt er ein arschloch. Wie schön waren da doch die zeiten mit jelzin. Dem alkoholkranken konnte man für den flasche wodka die bodenschätze des landes abkaufen.

    @menschenfreund

    Nenn mir mal aus dem westen lupenreine demokraten.

  • BG
    Bernd Goldammer

    "Die Kirche hatte das Gebet für Putins politisches Ende als Gotteslästerung gebrandmarkt" schreibt die TAZ und genau diese Darstellung ist wieder einmal grottenfalsch. Die russische Kirche hat den Vorgang des Eindringens in die Kirche und den Missbrauch des Gottesdienstes zum Zwecke der persönlichen Selbstdarstellung und der Störung der Religionsausübung als Gotteslästerung bezeichnet. Das wird sie wohl dürfen, zumal Gotteslästerung in Russland kein Straftatbestand ist. Wer wirklich etwas für die Mädels tun will, sollte das Gericht jetzt nicht durch stupide Überheblichkeit provozieren. Das interessierte Ausland sollte es dem Gericht nicht noch schwer machen, milde zu urteilen. Putin kann den russischen Richtern nichts befehlen. Und ganz nebenbei, im Plexiglaskasten sitzen dort alle Angeklagten. Das ist so in Russland und in Italien übrigens auch. Wenn das unmenschlich ist, muss man dagegen angehen, aber bei normalen Menschen hat sich die TAZ nie darüber aufgeregt. Soll Russland eine Zwei -Klassen Justiz aufgezwungen werden? Die „Kinder im Erwachsenenalter“ sind immerhin beschuldigt, eine Straftat begangen zu haben, für die es auch in Deutschland laut STGB bis zu drei Jahre Haft gibt. Ich kann mir vorstellen, das die Mädels in U-Haft nicht bis Mittag schlafen dürfen und sicher werden sie mit der bescheidenen Menge und Qualität der Gefangenenverpflegung zufrieden sein müssen. Und falls die zu schlecht sein sollte, wäre es sicher gut die Haftbedingungen für alle Häftlinge zu kritisieren. Die drei Dumpfbacken zu Ikonen zu stilisieren und königliche Haftbedingungen, allein für sie, zu verlangen macht den ganzen Vorgang sehr schnell durchschaubar. Wieder ein Hetzakt gegen Putin und Russland auf dem Rücken pubertärer Pussys. Wir erleben die TAZ als Brunnenvergifter. Anders als Putin glaube ich nicht, dass die Mädels etwas Achtung vor der Freiheit anderer gelernt haben. Trotzdem sollte man sie milde behandeln. Wenn sie als Medienwaffe nicht mehr taugen, werden sie eh wieder fallen gelassen.

  • F
    finger

    who cares? warum der ganze pussy hype? vielleicht weil

    pussy muschi bedeutet? muschi randale? habt ihr sie noch alle? hat schon mal irgendwer die musik gehört? taugt die überhaupt was? wenn der westen so drauf abfährt, wieso spielen sie dann hier nicht aus solidarität die muschi-'songs' im radio rauf und runter? vielleicht weil es von den 'künstlerinnen' mehr fotos in posen gibt als songs? vielleicht weil die dargebotene kunst absoluter müll ist? geht es vielmehr um voyeuristisch/sexistisch motivierte muschifaszination? oder sommerhormone? dafür spricht, daß fast ausschließlich das babe von den drei 'punkerinnen' abgelichtet wird, während die zwei nicht so hübschen höchstens mit einem 'schwächeanfall' im letzten absatz der 'berichterstattungen' bedacht werden. oder gehts hier um so ein buntes 'hipster' ding a la 'vice' und '/b/' und die one world pop internationale?

    das ganze thema stinkt komplett. die welt brennt, aber putin und cameron reden im tv über pussys. kennt jemand den film idiocracy? mittendrin, alter..

  • M
    menschenfreund

    Nachdem der "lupenreine Demokrat" (nach Meinung eines für mich nicht nennenswerten Ex-Politikers) den protestierenden Damen gezeigt hat, wo der Frosch die Locken hat, läßt er gnädigst Milde walten.

    Er ist eben ein toller Mann, der weder die Außenwirkung noch die jungen Leute als Wähler (die er nicht braucht, weil Fälschen ist sicherer) im Auge hat.

    Zwischenzeitlich hat er ja die gleiche Freiheit in Öffentlichkeit und Presse wie weiland in der Sowjetunion hergestellt.

    Es heißt nicht ohne Grund: "Von der Sowjetunion lernen, heißt Siegen lernen."