Prozess gegen BND-Mitarbeiter: Kronzeuge sagt aus
Ein BND-Mitarbeiter soll Informationen an Russland verkauft haben, er steht wegen Landesverrats vor Gericht. Am Mittwoch sagte ein Mitangeklagter aus.
Im Prozess gegen einen BND-Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Russland-Spionage hat ein Mitangeklagter am Mittwoch vor dem Berliner Kammergericht ausgesagt. Beiden wird besonders schwerer Landesverrat vorgeworfen, ihnen drohen mehrere Jahre Haft.
Der ehemalige BND-Mann Carsten L. soll während des Ukrainekriegs interne Dokumente des BNDs entwendet und diese seinem Bekannten und Mitangeklagten Arthur E. übergeben haben. Der Geschäftsmann hätte die Dokumente daraufhin nach Moskau gebracht und dort dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB übergeben. Dafür sollen die beiden vom russischen Geheimdienst 450.000 Euro beziehungsweise 400.000 Euro bekommen haben.
Ende Dezember 2022 hatte die Bundesanwaltschaft erst Carsten L. festnehmen lassen, kurz danach auch Arthur E. Während L. zu den Vorwürfen bislang schweigt, hatte E. schon zuvor vor Ermittlern ausgesagt. Am Mittwoch wiederholte er vor Gericht vorherige Aussagen.
Er erklärte, er hätte L. auf einem Sportplatz in Bayern kennengelernt. Anfangs habe er versucht, durch L.s Hilfe einem befreundeten russischen Geschäftsmann einen Aufenthaltstitel in Deutschland zu verschaffen. Außerdem wollte er mit der Unterstützung des BND-Manns einzelnen russischen Geschäftsleuten helfen, von der EU-Sanktionsliste herunterzukommen. E. wollte nach eigenen Angaben auch V-Mann des BND werden.
Im Herbst 2022 habe L. ihm Dokumente „für Russland“ angeboten. Das Material habe E. nach Moskau transportiert und übergeben. Im Gegenzug brachte E. nach eigenen Angaben „Umschläge“ aus Moskau mit.
Nach dieser Erklärung E.s unterbrach der Vorsitzende Richter Detlev Schmidt die Sitzung bis zum Donnerstag, um einen Fragenkatalog zu strukturieren. Beide Angeklagte stehen seit Dezember 2023 vor Gericht. Beim Verhandlungsauftakt war ein verbotener Briefwechsel zwischen ihnen bekannt gerworden. Seitdem befindet sich L. laut seinem Verteidiger Johannes Eisenberg, der auch die taz presserechtlich vertritt, in Isolationshaft. Eisenberg brachte am Mittwoch einen Antrag auf Verbesserung der Haftbedingungen ein und betonte: „Einzelhaft ist Folter.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin