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Prozeß am Bauzaun

■ Staatsanwalt fordert ein Jahr und neun Monate Haftstrafe ohne Bewährung / Hohes Gericht zum Ortstermin am Bauzaun

Regensburg (taz) - Der siebte Verhandlungstag am Schwandorfer Amtsgericht gegen den 20jährigen Lorenz M. aus Regensburg begann mit einem wohl einmaligen Schauspiel. Nachdem die letzte Ortsbesichtigung am Baugelände der WAA von der Polizei verhindert wurde, trafen sich das Gericht und eine große Zahl von Zuschauern erneut am Bauzaun. Richterin Schmidt und die beiden Schöffen setzten Polizeihelme auf und verbargen sich hinter Polizeischilden. Ein Justizbeamter warf unter großem Gejohle der Zuschauer Steine an den Zaun. Dies alles fand statt, weil Richterin Schmidt erfahren wollte, wie ein Stein am Zaun klingt, wenn frau einen Helm aufhat. Zurück im Gerichtssaal warf Staatsanwalt Freiherr von Castell in seinem einstündigen Plädoyer dem Angeklagten „schweren Landfriedensbruch in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung“ vor. Er betrachtet es als erwiesen, daß der Angeklagte mit Steinen und Lehmbatzen auf Polizeibeamte geworfen hat und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung. Die Polizeizeugen seien schon deshalb glaubwürdig, weil sie kein Interesse an einer Verurteilung hätten, erklärte von Castell. Dem hielt Verteidiger Schwinghammer entgegen, daß die Polizisten wohl widersprüchliche Angaben gemacht hätten. Insbesondere die Identifizierung des Angeklagten sei auf sehr fragwürdige Weise zustande gekommen. Schwinghammer glaubt daher, daß sich die Polizeizeugen eines Meineides schuldig gemacht haben. Er plädierte denn auch auf Freispruch von allen Punkten der Anklage. Die Urteilsverkündung wurde auf den 4. März festgesetzt. tija

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