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Proteste in RusslandWahlwiederholung abgelehnt

Die russische Parlamentswahl soll zwar überprüft werden, doch das Wahlergebnis werde nicht geändert, kündigt der Kreml an. Die Opposition bereitet neue Demonstrationen vor.

Die Proteste in Moskau sollen weitergehen. Bild: dapd

MOSKAU dpa/afp | Mit Wut und Enttäuschung haben Tausende Russen im Internet auf die ablehnende Haltung des Kremlchefs Dmitri Medwedew zu den Massenprotesten nach der Parlamentswahl reagiert. Medwedews Aussage, er stimme den Protestlosungen zwar nicht zu, wolle Berichte über angebliche Wahlfälschungen aber prüfen lassen, sei "leeres Geschwätz", hieß es am Montag in vielen der mehr als 11.000 Kommentaren auf Medwedews Facebook-Seite.

Andere schrieben von einer "leider erwarteten Reaktion" des Präsidenten. Medwedew gehe als "bedauernswerte Figur" in die Geschichte ein, meinte ein Kritiker.

Der russische Generalstaatsanwalt Juri Tschaika wies unterdessen Forderungen der liberalen Opposition nach Neuwahlen strikt zurück. Trotz möglicher Verstöße gebe es keinen Grund, die Ergebnisse zu annullieren oder die Abstimmung zu wiederholen, sagte Tschaika nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.

Zuvor schon hatte der Sprecher von Regierungschef Wladimir Putin, Dmitri Peskow, erklärt, die Klagen über Wahlbetrug stellten "in keiner Weise" die Rechtmäßigkeit der Wahl oder das Gesamtergebnis in Frage. Selbst wenn alle "angeblichen" Behauptungen über Manipulationen zusammengerechnet und vor Gericht bewiesen würden, seien insgesamt nur rund 0,5 Prozent der abgegebenen Stimmen betroffen.

Angesichts der größten Demonstrationen seit dem Ende der Sowjetunion am Wochenende in Russland hatte Präsident Dmitri Medwedew eine Prüfung der Betrugsvorwürfe zugesagt. Er habe angeordnet, sämtlichen Informationen auf Verstöße gegen die Wahlgesetze nachzugehen, kündigte Medwedew am Sonntag in einem Eintrag im Internetnetzwerk Facebook an. Die Forderung der Opposition nach Neuwahlen wies er aber auch zurück.

Die Opposition kündigte nach den Massenprotesten mit rund 100.000 Demonstranten vom Wochenende eine neue Großkundgebung für den 24. Dezember an. Die Bewegung Solidarnost habe bei der Verwaltung in Moskau eine Erlaubnis für eine Versammlung mit bis zu 50.000 Regierungsgegnern beantragt, sagte eine Sprecherin.

Noch am Montag wollten kremltreue Gruppen etwa 30.000 Unterstützer von Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin auf die Straße bringen. Die Menge wolle in der Nähe des Kremls den Sieg der Regierungspartei Geeintes Russland bei der Parlamentswahl am 4. Dezember feiern, sagte ein Sprecher.

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9 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Denis

    Ich zitiere aus ihrem Beitrag: ''In Russland selbst wird die Wahl natürlich nicht annulliert, obwohl sie gefälscht wurde.''

     

    Hier bitte, Sie haben selbst gesagt, dass die Wahlen gefälscht gewesen seien. Aber wenn Sie unterdessen von dieser Meinung abgerückt sind, will ich Sie natürlich nicht aufhalten.

     

    Und die Hauptsache: Selbstverständlich können Wahlen nicht endlos wiederholt werden, bis jeder einzelne mit dem Ergebnis einverstanden ist. Polit. Parteien müssen eine Niederlage akzeptieren können, das gilt auch für die russ. ausserparlamentarische Opposition.

  • D
    Denis

    @ "benz": Glückwunsch, so viele Verdrehungen in nur 4 Sätzen hinzubekommen ist schon eine Leistung.Wo lernt man so etwas ? Niemand hat behauptet, daß Wahlen in Russland per se gefälscht sind. Die russischen Duma-Wahlen waren aber so eindeutig manipuliert, dass selbst der Putin Clan es endlich zugeben sollte, um sich nicht endgültig lächerlich zu machen.

  • B
    Benz

    @Denis

    Sie behaupten, dass die Wahlen in RU und den mit RU verbündeten Staaten von vornherein illegal sind, alle anderen Wahlen aber richtig und gerecht. Nun, so einfach ist es leider nicht, die Welt lässt sich nicht so simpel in Schwarz-Weiss-Schemas aufteilen. Nur ein kleines Beispiel: Der West-Held Saakaschwili in Georgien wurde 2003 mit fantastischen 96% gewählt. Laut Wahlbeobachtern aus EU und USA war die Wahl ''absolut frei''.

     

    @Eugen

    Haben Sie denn schon mal staatliche russ. Sender geschaut, und wissen Sie, was diese berichten? Nein? Das sollten sie aber, bevor Sie sie vernichtend ablehnen.

     

    @Ant

    Nun, gut, Herr Demokrat, dann will ich mal etwas von einem Demokraten wie Ihnen lernen. Sagen Sie mir doch, ob man denn jede Wahl wiederholen muss, bis auch der letzte Bürger mit dem Ergebnis zufrieden ist? Und wird das im demokratischen Westen gemacht? (Vgl. z.B. die Wahl Bushs 2004, der Wahlskandal in Florida, Sie erinnern sich...)

  • A
    ant

    @von Benz

    Wessen geistes Kind sie sind ist wohl einfach zu erkennen.

    Kein Demokrat wohl Stalinist.

  • E
    Eugen

    Herr Benz bezieht seine Informationen aus den staatlichen russischen Sendern.

     

    Schade!

  • D
    Denis

    Wahlen werden im Einflussbereich Russlands nur dann annulliert, wenn sie fair verlaufen sind, wie in Südossetien. Das musste die Wahl natürlich vom obersten Gericht für ungültig erklärt werden. In Russland selbst wird die Wahl natürlich nicht annulliert, obwohl sie gefälscht wurde. Das ist echt Putinsche Logik: Der dreisten Fälschung wird eine noch grössere Frechheit hinterhergeschoben. Die Russen müssen also weiter demonstrieren. Irgendwann wird Putin weg sein. Südossetien hat es mit seinem obersten Mafioso vorgemacht, der ist weg vom Fenster dank der Beharrlichkeit der Bürger.

  • H
    Hasso

    Neuwahlen wären doch die beste Überprüfung!? Das Volk will sie nicht,doch das interessiert sie nicht. Das gesamte russische System ist korrupt, aber da die Politik sich mit darin suhlt-, suhlt man weiter. Gab es unter Breschnew auch so viel Korruption?

  • B
    Benz

    ''Angesichts der größten Demonstrationen seit dem Ende der Sowjetunion am Wochenende''

     

    Das ist nicht richtig. Alleine die Demos zum Tag des Sieges am 9. Mai versammeln mehrere Hunderttausend Menschen, und die Kommunisten und Gewerkschaften bringen zum 1. Mai mehrere zehntausend auf die Strassen.

  • B
    Benz

    Na selbstverständlich gibt es keine Wahlwiederholung. Es kann leider nicht gewählt werden, bis jeder einzelne mit dem Ergebnis zufrieden ist.

     

    Die Demonstrierenden müssen lernen, eine Wahlniederlage zu akzeptieren, müssen akzeptieren, dass sie nur eine kleine Minderheit sind die ihren Willen nicht der Mehrheit aufzwingen kann.