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Proteste in NordzypernLautstarker Unmut über Sparpaket

Die türkische Regierung kürzt Nordzypern die Subventionen. Die Nordzyprioten demonstrieren dagegen und der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan blafft zurück.

"Erst unser Geld in die Tasche stecken und dann ohne jede Scham demonstrieren", polterte Erdogan in Richtung Nordzypern. Bild: dpa

ISTANBUL taz | Der Aufruhr in Nordafrika scheint auch auf die Mittelmeerinsel Zypern abgefärbt zu haben, genauer gesagt auf das türkische Nordzypern. Hier macht sich jetzt der Frust der seit Jahrzehnten isolierten türkischen Zyprioten lautstark Luft. Auslöser der Demonstrationen, an denen bis zu zehntausend Menschen teilnahmen, war ein Sparpaket der Regierung.

Da der nordzypriotische Haushalt ganz überwiegend aus Subventionen aus der Türkei besteht, richtete sich der Protest schnell auch gegen das "Mutterland". Parolen wie "Ankara nimm die Hand von unserem Kragen" sorgten bei der türkischen Regierung für erheblichen Unmut.

In einem seiner berüchtigten verbalen Ausfälle herrschte Ministerpräsident Tayyip Erdogan die vermeintlich eigenstaatlichen Nordzyprioten via TV an und sagte: "Wer seid ihr, dass ihr sagen könnt, ,Nehmt eure Hände weg'. Erst unser Geld in die Tasche stecken und dann ohne jede Scham demonstrieren."

Die Türkei hat im Jahre 2010 nach eigenen Angaben 916 Millionen Lira (rund 460 Millionen Euro) nach Nordzypern überwiesen. In diesem Jahr soll der Betrag auf 880 Millionen Lira reduziert werden. Nordzyperns Regierung wollte deshalb das 13. Monatsgehalt streichen.

Aber der Frust vieler türkischer Zyprioten geht viel tiefer. Seitdem die griechische Seite den UN-Plan zur Wiedervereinigung 2004 ablehnte, schwinden die Hoffnungen, jemals zu einer politischen Lösung zu kommen, die das Embargo und die Isolation Nordzyperns beenden würde. Dazu kommt, dass im Laufe der Jahre immer mehr Festlandstürken auf die Insel übergesiedelt sind, so dass heute von rund 400.000 Einwohnern nur noch 160.000 türkische Zyprioten sind.

Die Demonstrationen, die in dieser Form erstmals seit Gründung der Republik Nordzypern 1984 stattfinden, sind deshalb auch so etwas wie ein letztes Aufbäumen der türkischen Zyprioten. Für Anfang März rufen nun die Gewerkschaften und linken Parteien zu erneuten Demonstrationen auf. Einer der Organisatoren der Proteste, der Chef der Vereinigte Zypern-Partei (BKP) Abdullah Korkmazhan, sieht schon "Kairoer Verhältnisse" kommen.

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6 Kommentare

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  • H
    Historiker

    @Gelor:

     

    Ich würde Ihnen einige Bücher und wissenschaftliche Artikel über die wahren Vorfälle auf Zypern empfehlen.

     

    Vielleicht beschäftigen Sie sich dann auch mal mit den Stichpunkten "ENOSIS" oder "DASCHNAKEN" und versuchen mal zu erkennen, dass Ihre ach so lieben CHRISTLICH-HUMANISTISCHEN Brüder und Schwestern gar nicht so humanistisch waren!

     

    Hierbei dürfen Sie auch mal zuweilen wirkliche, wissenschaftliche Artikel lesen. Die "Copybergs" und die "subventionierten Propagandisten" bitte mit Vorsicht genießen.

     

    mfg

  • G
    Gelor

    @Beobachter

     

    Es gab kein griechisches *Massaker* an den türkischen Zyprioten, türkische Nationalisten haben dieses Massaker erfunden, um ein fremdes Territorium militärisch zu besetzen und dabei gegen das Völkerrecht zu verstossen.

     

    Das türkische Genozid an den Armeniern hat man wahrscheinlich auch gemacht, um Armenier zu retten, was?

     

    Lassen Sie besser ihre nationalistische Propaganda stecken, in diesem Land ist man immun geworden gegenüber Nationalismus und Faschismus.

  • B
    Beobachter

    Nach den griechischen Massakern an den türkischen Zyprioten musste die Türkei eingreifen. Sie hatte die moralische und rechtliche Pflicht dazu. Das wurde internationl sowohl durch die Politik als auch durch die Presse damals bestätigt. Ist für jeden den es wirklich interessiert heute noch nach zu lesen. Hätte die Türkei nicht eingegriffen wäre es zu einem Völkermord gekommen, denn alle anderen Staaten haben (genüßlich) zu gesehen wie griechische Nationalisten sich durch die Dörfer gemordet haben.

     

    Der Süden in seiner griechisch-nationalistischen, teils sogar rasssistischen Einstellung hat jahrelang eine Widervereinigung verhindert. Zu letzt sogar denn so schwer erarbeitet UN-Plan. Der Süden hatte wohl noch nicht genug Milliarden EU-Subventions-Euros geschluckt, jetzt sollte noch der Norden wie eine Zitrone ausgequetscht werden. Vorher würde der Süden nicht die Hand von der Kehle des Nordens nehmen.

     

    Würde die EU sich nur ansatzweise an ihre eigenen Regeln und Vorgaben halten, wie sie das von anderen Staaten verlangt, hätte Südzypern niemals in EU aufgenommen werden dürfen. Südzypern hätte man schon längst mit zu nehmenden wirtschaftlichen Druck beugen müssen. Denn sie sind es die diesen Konflikt ausgelöst und so lange lebendig gehalten haben. Aber die EU ist zum schwindlig werden verlogen und opportunistisch...

  • A
    Antje

    Die EU sollte endlich Druck auf die Türken ausüben, dass die völkerrechtswidrige militärische Besetzung von Nordzypern beendet wird, solange muss man die Türken politisch isolieren.

  • C
    Claus

    an Kalle: Die Türkei hat kein Territorium annektiert.

    Das brauchte sie gar nicht, da sie das Recht zu einschreiten hat. Sie ist nämlich Garantiemacht.

    Was ist aber mit den 6000 grichischen Soldateb auf der Insel. Was ist mit den Morden der Grichen/Zyprioten an den Türken geworden. Warum musste die Türkei eingreifen. Warum haben die grichischen Zyprioten die Türken ermordet und vertrieben ? Wer hat gegen die Widervereinigung gestimmt? Das Waren die grischischen Zyprioten.... die jenigen, die die türkischen Zyprioten vorher ermordet und vertriben haben, haben auch jetzt gegen die Widervereinigung gestimmt. Klar die wollen ja die türkischen Zyprioten als Untertanen ohne Rechte.

    Die türkischen Zyprioten wollen nur die Rechte, welche sich aus der Zypriotischen Verfassung von 1960 ergibt.

     

    Die EU ist so verlogen, Sie hat nie Wort gehalten. Sie hat versprochen, die Isolation zu beenden. Was hat sie jemacht, nicht! Sie hat sich von den grichischen Zyprioten zum Geiseln nehmen lassen.

     

    Die EU und die grichischen Zyprioten sind nur EINS, Verlogen. Genauso, wie sie eine verlogene Politik in den arabischen Staaten betrieben hat.

  • K
    Kalle

    Nordzypern ist ein völkerrechtswidrig durch das türkische Militär annektiertes Territorium, 1983 wurde im türkisch besetzten Nordteil der Insel die Türkische Republik Nordzypern proklamiert. Der UN-Sicherheitsrat erklärt die Proklamation in seiner Resolution 541[10] für völkerrechtswidrig. Die Türkei ist der einzige Staat, der die Türkische Republik Nordzypern anerkennt.

     

    Dass jetzt die Nordzyprioten verdrängt werden und eine aggressive Siedlungspolitik seitens der türkischen Regierung betrieben wird, zeugt von dem nationalistischen Wahn in dem sich die Türkei und vor allem Erdogan befinden.