Proteste in Frankreich: Es lebe die „wahre“ Familie
Tausende ultrakonservative Unterstützer der Bewegung „Manif pour tous“ demonstrieren in Paris wieder einmal gegen die Homo-Ehe.
Auf dieses Gesetz möchten die meisten Demonstranten zurückkommen. Schon gar nicht wollen sie, dass gleichgeschlechtliche Paare oder ledige Einzelpersonen Zugang zu medizinischen Fortpflanzungstechniken bekommen oder die in Frankreich verbotene Leihmutterschaft legalisiert wird.
Ein anderer Dorn im Auge sind die „Gender-Theorien“, mit denen im Schulunterricht unter dem Vorwand der Gleichheit „naturgegebene Geschlechterunterschiede“ verwischt würden. Viele der Demonstrierenden brachten ihre Sicht mit einem Slogan auf ihren T-Shirts auf den Punkt. Eine Familie besteht aus Vater, Mutter und Kindern. Für diese traditionalistische Betrachtungsweise haben sie den Segen katholischer Bischöfe und des Vatikans, aber auch anderer Konfessionen.
„Manif pour tous“ („Demo für alle“) nennt sich eine Bewegung, die sich an die Ultrakonservativen wendet, die sich nie mit der Trennung von Kirche und Staat oder den weltlichen Grundwerten einer modernen Republik abgefunden haben.
Noch keine eigenen Kandidaten
Im Streit über die Einführung der Homo-Ehe durch die Linksregierung von Präsident François Hollande haben Zehntausende verstanden, dass sie in Frankreich eine nicht zu unterschätzende Oppositionskraft darstellen, die bis weit über die bürgerliche Mitte hinaus Einfluss auf die Parteien ausüben kann.
„2017 wähle ich die Familie“ stand am Sonntag auf einem Spruchband an der Spitze des Umzugs. Damit ruft sich diese Bewegung den KandidatInnen bei den Präsidentschaftswahlen in Erinnerung. Bisher hat „Manif pour tous“ keine eigenen Kandidaten nominiert.
Doch es ist nach dieser jüngsten Mobilisierung klar, dass diese Bewegung in der Familienpolitik, der Religion oder auch in Fragen der Bioethik und Moral in einem christlich-konservativen Sinne Einfluss nehmen will. Der (vorerst) verlorene Kampf gegen die Homo-Ehe hat diesen Ultrakonservativen Gelegenheit geboten, sich Gehör zu verschaffen. Diesen Einfluss möchten sie so schnell nicht wieder verlieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch