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Protest vor dem ForschungsministeriumAnketten gegen Gentechnik

Aktivisten protestieren in Berlin gegen die Förderung von Gentechnik-Forschung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Zwei Demonstranten ketteten sich an das Zufahrtstor.

Die Demonstranten mit ihrer Hauptforderung "Entfilzen" auf dem Arm. Bild: Hannah Poddig

BERLIN taz | Zumindest für Autos war am Freitag Vormittag im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erst mal kein Durchkommen mehr. Zwei Gentechnik-Gegnerinnen hatten sich am Einfahrtstor zum Gelände festgekettet. Die beiden Aktivistinnen hatten sich zu beiden Seiten des Tors platziert und ein Stahlrohr durch die Gitterstäbe gesteckt in dem sie sich aneinander angekettet hatten.

Laut Polizei hat es die zwischenzeitlich anwesende Feuerwehr abgelehnt das Rohr zu durchtrennen – die Verletzungsgefahr sei zu hoch. Weitere Umweltschützer hatten daneben Aufstellung mit Bannern bezogen. Unter dem Namenszug des Ministeriums war eine der zentralen Forderungen zu lesen: "Entfilzen!" Die Demonstranten bezeichnen sich selber als bundesweit vernetzte Graswurzel-Bewegung ohne festen organisatorischen Überbau.

Hintergrund der Aktion ist der vermeintliche Filz in den Genehmigungsbehörden. Der Vorwurf: Personelle Verflechtung zwischen Ämtern, Gentechnik-Industrie und Lobbyverbänden. Laut den Gentechnik-Gegnern sei eine unabhägige Forschung unter diesen Umständen nicht möglich, die Gefahren der Biotechnologie in der Landwirtschaft würden zu Gunsten von Profit-Interessen heruntergespielt. Das BMBF fördert im Zeitraum von 2007-2010 die Sicherheitsforschung mit 10 Millionen Euro.

Untersucht werden sollen laut Ministerium unter anderem Systeme, die eine Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen eindämmen sollen, sowie die biologische Sicherheit noch nicht zugelassener transgener Pflanzen. Laut den AktivistInnen am BMBF sei diese Sicherheitsforschung allerdings nur ein Deckmäntelchen, um Akzeptanz für eine gefährliche Technologie zu schaffen. Das Ziel sei die Markteinführung. Und das obwohl die Mehrheit der Deutschen in Umfragen angeben keine Gentechnik im Essen haben zu wollen.

"Es darf nicht sein, dass eine Technologie, die von der Bevölkerung abgelehnt wird, weiterhin mit öffentlichen Geldern gefördert wird", sagt Cécile Lecomte, Sprecherin der Demonstranten. Ministeriumssprecher Wollbeck bezeichnet die Vorwürfe als "kompletten Unsinn" und bedauert mangelnde Gesprächsbereitschaft seitens der AktivistInnen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und der ökologische Anbauverband Bioland hatten erst kürzlich angegeben, in Maissaatgut gentechnische Verunreinigungen gefunden zu haben – unter anderem durch Sorten, die in der EU gar nicht zugelassen sind. Das Agrarministerium in Baden-Württemberg gab wenig später bekannt, bei Proben nicht zugelassenen Leinsamen in größeren Mengen gefunden zu haben.

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4 Kommentare

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  • SO
    Simon O.

    @Andreas H.: Als Beweis führe ich hier eine Broschüre an, in der die Verflechtungen von Genehmigungs- und Kontrollbehörden mit Konzernen, Forschung und Lobbyverbänden detailliert dargestellt werden. Gibt's kostenlos zum Download:

    www.projektwerkstatt.de/gen/filz/brosch.pdf

     

    Fakt ist 1., dass derzeit viel mehr Fördergelder für Agro-Gentechnik-Forschung als zB für Alternativen im Ökolandbau fließen. Und 2., dass diejenigen, die mit Agro-Gentechnik Profit machen wollen, sehr gut darin sind, diese Fördergelder zu akquirieren.

    MFG!

  • N
    noevil

    Ich bin schon gespannt, wann Monsanto bei den ersten Landwirten in Deutschland Schadenersatz fordern wird für illegal ausgebrachtes Saatgut. Die in Baden-Württemberg gefundene Leinsaat soll ja aus Kanada stammen...

  • N
    noevil

    Muss man sich wundern, wenn das Zutrauen zum BMBF äußerst gering ist?

     

    Ich finde nein:

     

    1. Frage: Wer finanziert die Studien noch ausser dem Steuerzahler? Es wird zu wenig deutlich gemacht, wenn deren Finanzierung durch diejenigen erfolgt, die an einem bestimmten Ergebnis interessiert sind, um später damit -völlig selbstlos (sh. Monsanto u.ä.)- eine "stichhaltige" Begründung für die Zulassung der von ihnen gewünschten "Gentechnik-Geschenke" zu erreichen.

     

    2. Wie hoch ist der Stellenwert von Langzeit-Studien und wieviel Zeit wird ihnen zugestanden?

     

    3. Welcher wirtschaftliche Druck steht hinter den gewünschten Forschungsergebnissen?

     

    4. Wird auch nach natürlichen und den Landwirten kostenlos zur Verfügung stehenden Alternativen geforscht, damit diesen eine Abhängigkeit wie in Teilen Indiens oder Südamerikas erspart bleibt?

    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

     

    5. Wo kommen wir mit unseren Wünschen nach einer natürlichen gentechnikfreien Lebensweise hin, wenn uns kein Schutz vor einem von Lobbyisten durchsetzten und staatlich abgesegneten Feld mehr bleibt, auf dem sich Bayer, Monsanto & Co. genüsslich einen Kuchen einverleiben, der auch noch patentrechtlich abgesegnet ist.

     

    Heinrich, mir graut vor uns! Drum lass uns eine gute Linda essen...

  • AH
    Andreas H.

    "Es darf nicht sein, dass eine Technologie, die von der Bevölkerung abgelehnt wird, weiterhin mit öffentlichen Geldern gefördert wird."

     

    Was? Machen wir doch mal eine kleine Reise durch die Vergangenheit. Die Bevölkerung und/oder intilektuelle Vordenker haben in früher Zeiten auch das abgelehnt:

    - die Kartoffel! Niemand wollte die zuerst essen.

    - di Eisenbahn! Es wurde behauptet, Reisen mit einer Geschwindigkeit von über 30km/h seinen schädlich für das Gehirn!

     

    Dieses Ministerium heißt "Bundesministerium für Bildung und Forschung"! Und wer entscheidet, was hier an Forschung gefördert wird? Richtig: Kompetente Wissenschaftler und Wisseschaftlerinnen des Ministerium und der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft).

     

    "Laut den AktivistInnen am BMBF sei diese Sicherheitsforschung allerdings nur ein Deckmäntelchen, um Akzeptanz für eine gefährliche Technologie zu schaffen. Das Ziel sei die Markteinführung."

     

    Nur teilweise richtig! Natürlich würden die Wissenschaftler(-innen), die sich damit beschäftigen und von der Technologie überzeugt sind oder Bedenken haben, diese Technologie gerne im Einsatz sehen, wenn sie keine Sicherheitsrisiken birgt.

     

    Haben diese Aktivisten denn auch handfeste Beweise für ihre obskuren Behauptungen?