Protest gegen Rechtskonservative: Tumulte in der Schweiz
Randale, Festnahmen, Verletzte - in Bern sprengten ein paar Hundert Autonome eine Wahlkampfveranstaltung der rechtskonservativen SVP
BERN dpa/ap Bei gewalttätigen Protesten gegen die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) sind am Samstag in der Hauptstadt Bern 21 Menschen verletzt worden, davon 18 Polizisten. 42 Personen wurden festgenommen, wie die Polizei am Sonntag bestätigte. An der SVP-Veranstaltung für die Parlamentswahl am 21. Oktober hatten sich mehrere tausend Anhänger beteiligt.
Einige hundert gewaltbereite Demonstranten schafften es, die SVP- Anhänger von der Wahlveranstaltung direkt vor dem Regierungsgebäude zu vertreiben. Dort wollten die SVP-Bundesräte Christoph Blocher und Samuel Schmid Wahlkampfreden halten. Rund 50 Vermummte stürmten den Bundesplatz und demolierten die dort aufgebauten SVP-Stände und Imbissbuden. Autos wurden angezündet, Restaurants verwüstet. Der Sachschaden wurde mit zehntausenden Franken angegeben. In den engen Gassen der Berner Altstadt lieferten sich Polizei und Demonstranten Straßenschlachten. Die Polizei habe sich mit einem "Mehrfrontenkrieg in bester Guerillamanier" konfrontiert gesehen, sagte ein Mitglied des Berner Stadtrates.
Vor den gewaltsamen Ausschreitungen hatten zunächst rund 3000 Menschen friedlich gegen die SVP demonstriert. Aufgerufen dazu hatte unter anderem eine Anti-SVP-Koalition "Schwarzes Schaf". Sie spielt auf ein Wahlplakat der SVP an, das zeigt, wie drei weiße Schafe ein schwarzes aus der Schweiz herausdrängen. Dieses Plakat war von einem Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen als fremdenfeindlich und diskriminierend gerügt worden.
Die Ereignisse in der Haupstadt Bern mit brennenden Autos und Ständen, Barrikaden und Tränengas sind der Höhepunkt eines vor allem durch die SVP auch mit ausländerfeindlichen Parolen aufgeputschten und für die Schweiz völlig unüblichen Wahlkampfs. Der SVP- Spitzenkandidat und Justizminister Christoph Blocher zeigte sich empört. Er bezeichnete die Kundgebung der SVP als eine Demonstration für Frieden und freie Meinungsäußerung. Es sei offenbar nicht mehr möglich, dass die größte Partei der Schweiz auf den Bundesplatz gehen könne. Die Vorkommnisse zeigten, wo die Gewalttätigen seien, die das freie Wort nicht ertrügen. Doch die SVP werde sich nicht unterkriegen lassen, sagte Blocher und rief die Anhängerschaft dazu auf, zusammen die erste Strophe der Schweizer Nationalhymne zu singen.
In der Verurteilung der gewalttätigen Demonstranten waren sich alle Parteien einig. Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey bezeichnete es als unzulässig, dass einige Extremisten das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit beeinträchtigten. Sie betonte aber auch, man solle aufhören, mit Ängsten zu spielen, nur um ein paar Stimmen zu gewinnen. Sie selbst hatte im Wahlkampf die SVP als die am wenigsten schweizerische Partei bezeichnet.
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