Proposition 8: Keine Homoehe in Kalifornien
Der Oberste Gerichtshof in San Francisco hat das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen bestätigt. Das Recht auf eingetragene Partnerschaft bleibt bestehen.
Aus den geplanten Freudenfesten wurden Protestveranstaltungen: Nachdem der Oberste Gerichtshof im kalifornischen San Francisco am Dienstag das Verbot der Homoehe mit sechs zu eins Stimmen Mehrheit aufrechterhalten hat, gingen tausende von Schwulen und Lesben in dem bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat auf die Straße, um ihrer Empörung Luft zu machen. Sie blockierten den Verkehr vor dem Rathaus in San Francisco, in anderen Städten kam es zu Demonstrationen.
Der Oberste Richter Ronald George sagte, gleichgeschlechtliche Paare haben weiterhin das Recht auf eine behördlich anerkannte eingetragene Partnerschaft, die denselben verfassungsrechtlich garantierten Schutz wie eine Ehe biete und nur anders heiße. Aber die Wähler haben nun mal beschlossen, die förmliche Ehe auf heterosexuelle Paare zu beschränken.
Beim Volksentscheid, der gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen im November vorigen Jahres abgehalten wurde, stimmten 52,5 Prozent für einen Verfassungszusatz, die "Proposition 8", der die Ehe ausschließlich als Verbindung von Mann und Frau definiert. Georges Urteilsbegründung klang fast wie eine Entschuldigung. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, zu entscheiden, ob "Proposition 8" vernünftig sei, sagte er. Das Gericht dürfe nur die Regeln der kalifornischen Verfassung interpretieren und müsse persönliche Ansichten außen vor lassen. Die 18.000 gleichgeschlechtlichen Ehen, die zwischen Mai und November 2008 geschlossen wurden, als solche Trauungen legal waren, bleiben jedoch gültig, entschied das Gericht. Die Gegner hatten gefordert, sie zu annullieren.
Das Thema beschäftigt Kalifornien bereits seit 2004. Damals ordnete der Bürgermeister von San Francisco, Gavin Newsom, an, dass sich gleichgeschlechtliche Paare in seiner Stadt trauen lassen können. Tausende reisten daraufhin zur Eheschließung nach San Francisco, aber der Oberste Gerichtshof Kaliforniens annullierte die Ehen mit der Begründung, dass der Bürgermeister seine Kompetenzen überschritten habe.
Doch im Mai vorigen Jahres legalisierte derselbe Gerichtshof die Homoehe mit vier zu drei Stimmen, weil "der Staat keine besonderen Gründe vorbringen" konnte, diese Ehen zu verbieten. "Die Ehe ist ein Grundrecht", hieß es in der Urteilsbegründung, und die sexuelle Orientierung spiele dabei genauso wenig eine Rolle wie die Rasse.
Nach dem Urteil vom Mai begannen religiöse Organisationen und konservative Politiker, Unterschriften für einen Volksentscheid zu sammeln. Sie investierten Millionen Dollar in ihre Kampagne und hatten damit Erfolg. Bürgerrechtsorganisationen argumentierten, dass es sich bei "Proposition 8" nicht bloß um eine Gesetzeserweiterung, sondern um eine Verfassungsänderung handle. Und die benötigt eine Zweidrittelmehrheit des Gesetzgebers, bevor sie überhaupt zum Referendum zugelassen werden kann. Danach seien im Volksentscheid ebenfalls zwei Drittel der Stimmen notwendig. Dieser Sichtweise folgten die Richter nicht.
Damit ist das letzte Wort freilich noch nicht gesprochen. Homosexuellenorganisationen können den Fall vor ein Bundesgericht bringen, oder sie können versuchen, einen erneuten Volksentscheid in die Wege zu leiten. "Der vernünftigste Weg wäre ein weiteres Referendum", sagte die Anwältin Jennifer Pizer, die einen der Kläger vertritt. Die Schwulen- und Lesbenorganisationen hoffen, dass die kürzlich erfolgte Legalisierung der Homoehe in den nordöstlichen Bundesstaaten Vermont und Maine sowie in Iowa, wo sich das Gericht ausdrücklich auf das kalifornische Urteil vom Mai 2008 berief, genügend kalifornische WählerInnen umstimmen könnte. In Massachusetts und Connecticut ist die gleichgeschlechtliche Ehe bereits seit vorigem Jahr anerkannt, in New York und New Jersey steht eine Entscheidung bevor.
Vielleicht ist es auch nur eine Frage der Zeit. Laut einer Umfrage der New York Times sprachen sich 57 Prozent der Befragten für die Anerkennung der Homoehe aus. Bei den über 40-Jährigen waren es nur 31 Prozent.
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