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Pro und ContraRente - interessiert mich das?

Kommentar von G. Baltissen und U. Herrmann

Sorgen nur die Dummen nicht für die Rente vor? Oder wird einem nur permanent die Angst eingeimpft, im Alter arm und mittellos dazustehen?

Die Rente mir 67 wird immer wahrscheinlicher - doch damit ist noch lange nicht die Debatte darüber beendet. Bild: dpa

P RO

Schön blöd, wer sich nicht für seine Finanzen im Alter interessiert. Denn diese Ignoranz wird für die meisten richtig teuer. Nirgendwo versenken die Deutschen so viel Geld wie bei der privaten Altersvorsorge. Wenn ein Schrank oder ein Auto angeschafft werden soll, dann wird monatelang gegrübelt und der Katalog studiert. Aber sobald es um ihre finanzielle Zukunft geht, werden die Deutschen leichtsinnig. Da schmeißen sie Milliarden weg - und schließen eine Kapitallebensversicherung ab.

Wer diese Dummheit in Zahlen nachvollziehen will, muss nur Seite 444 des aktuellen Statistischen Jahrbuchs aufschlagen. Da stehts: 2006 haben die Bundesbürger rund 74 Milliarden Euro an die Finanzkonzerne überwiesen, um ihre Lebensversicherungen zu bedienen. Dahinter verbirgt sich ein gigantisches Verlustgeschäft, denn mehr als die Hälfte aller Versicherten kündigt ihre Verträge vorzeitig. Außer Spesen ist dann nichts gewesen. Jedes normale Sparbuch hätte mehr Rendite gebracht.

Für die Finanzkonzerne ist diese kollektive Ignoranz außerordentlich profitabel, wie das Condultingunternehmen CapQM ermittelt hat. Rund 24 Milliarden Euro dürften die Deutschen in diesem Jahr an Gebühren ausgeben, um Kapitalanlagen zu kaufen, zu verkaufen oder verwalten zu lassen. Besonders teuer sind dabei die Kapitallebensversicherungen, die Milliarden an Provisionen verschlingen. Von diesem Wahnsinn ist übrigens fast jeder Haushalt befallen: Auf 82 Millionen Bundesbürger kommen etwa 97 Millionen "Versorgungsverträge fürs Alter".

Manche sind immerhin so schlau - und dazu gehört offenbar auch mein Contra Georg Baltissen -, auf eine Kapitallebensversicherung zu verzichten. Daraus folgt jedoch nicht, dass man auch die staatliche Rente verdammen sollte. Sie ist nämlich lukrativ. Heute 57-Jährige wie Georg können dort mit einer Rendite von rund 3 Prozent rechnen. Selbst für deutlich Jüngere lohnt es sich: 2040 dürfte die Rendite der staatlichen Rente immer noch bei 2,8 Prozent liegen - für Männer. Bei Frauen werden es sogar 3,3 Prozent sein, weil sie länger leben. Eine bessere Anlage gibt es nicht.

ULRIKE HERRMANN ist Wirtschaftskorrespondentin der taz

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CONTRA

Diese Rentendebatte ist Terror hoch drei. Permanent wird einem Angst eingeimpft, im Alter arm und mittellos dazustehen. Wenn ich den Bedarf hochrechne, den Banken und Versicherungen angeben, um meinen Lebensstandard im Alter zu halten, dann liegt der glattweg höher als mein derzeitiges Einkommen. Das ist reinster Psychoterror.

Die Botschaft ist klar: Sie müssen was machen. Prompt setzt dieser Vorsorgeterror ein, der einem einredet, nur gut abgesichert käme man im Alter durchs Leben. Dann wird alles aufgefahren, vom Riestern übers Sparen bis zur Börsenspekulation.

Als Drittes stellt sich zwangsläufig bei einem selbst dieser Schlechte-Gewissen-Terror ein, dass man nicht genug mache und im Alter dem Staat auf der Tasche liege. Nur deshalb verschickt ja diese Bundesanstalt für irgendwas ihre furchtbaren potenziellen Rentenbescheide, die mir in meinem Falle völlig ungefragt mitteilen, dass ich mit 400 Euro Rente rechnen dürfe, wenn ich bis 65,5 weiterarbeite und einzahle wie bisher.

Ich weiß längst, dass es nicht reicht. Und die Kohle anderswo herkommen muss. Also basta! Schluss jetzt! Das interessiert mich nicht mehr. Ich will mein Leben nicht daran ausrichten, wie viel Rente ich am Ende kriege und was ich mir damit leisten kann oder nicht.

Deswegen habe ich meinen Riester-Vertrag wieder gekündigt, mich von der Börse zurückgezogen, und statt bei den Minizinsen zu sparen, habe ich mir einen VW Käfer Cabrio gekauft, mit dem ich wesentlich angenehmer durchs Leben fahre. Und das nicht nur im Sommer.

Gewiss, solange ich kann, werde ich arbeiten (wollen und müssen). Eine Erbschaft steht leider nicht ins Haus. Bei meiner Frau sieht es nicht anders aus.

Für mich gilt das Motto: Lebe so, als ob morgen dein letzter Tag wäre. Dann kannst du diesen Rententerror schlicht ignorieren. Ich habs probiert. Es geht. Und wenn am Ende alles verjubelt ist, dann gibt es eben die Sozialrente.

GEORG BALTISSEN ist Redakteur im Auslandsressort der taz

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3 Kommentare

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  • HW
    Henrik Wittenberg

    Ein durch Abgaben finanzierte Umlagesystem belastet die arbeitende Generation unanständig hoch.

     

    Dazu kommt, dass unser starres System der rasanten Zunahme von unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und unsteten Lebensläufen nicht mehr gerecht wird.

    Aber auch ältere Menschen haben ein Recht auf Würde im Alter, was eine finanzielle Teilhabe an der Gesellschaft voraussetzt.

     

    Jedoch trägt die Angst vor Altersarmut, die in den Medien von Lobbyisten der Finanzbranche geschürt wird, nicht zur Bildung eines gesellschaftlichen Gemeinsinns bei.

     

    Denn unser Angstsparen mehrt keineswegs den Kapitalstock zum Wohle der nachfolgenden Generationen, sondern wird bereits heute als „Heuschreckennahrung“ für zahlreiche, fragwürdige Finanz- und Wirtschaftstransaktionen benutzt.

     

    Das bedingungslose Grundeinkommen macht Schluss mit dieser Scharade, indem es uns zu einem neuen Generationenvertrag verhilft.

     

    www.grundeinkommen.de

  • L
    Loman

    Der Artikel hat leider zahlreiche Ungenauigkeiten, zum einen sollte man den Begriff Lebensversicherung näher definieren, hier Kapital-LV. Eine Risiko-LV hat mit dem Gedanken des Sparens nichts zu tun.

     

    Zweitens wie kommt man bei einer lebenslangen Rente, wie es die gesetzliche ist, auf einen Renditewert? Das sollte man vielleicht auch in einem humorösen Text erläutern.

     

    Grundsätzlich ist aber richtig, dass Banken und Versicherungen wesentliche Anteile des Gewinns nicht an Kunden ausschütten, zudem mitunter Risiken auf ebengleiche verteilen.

  • G
    Gockeline

    Bravo,guter Artikel.

    Eine bravoröse humoristische Zuspitzung was überall tierernst verbreitet wird.

    Zum Teil geschürt von bestimmten eigennützigigen Branchen wie die Versicherungen.

    Die mit dem lang angelegten Geld zocken können.

    Wer Blüm beschimpft hat,muß ihm heute zustimmen.

    Das Geld kann verloren werden.Banken pleite gehen.

    Staatliche Rente wenn sie auch noch so gering ist,ist fester Bestandteil.

    Die Altersarmut wird auch kommen,wo der Staat zuzahlen muß ob er will oder nicht.

    Es wird die treffen,die schon vorher wenig verdient haben.

    Also,die beste Vorsorge ist ein gut bezahlter Beruf.Die werden immer weniger.