Privatinsolvenz des Drogeriediscounters: Ist bei Schleckers noch was zu holen?
Das Privatvermögen der Discounter-Familie wird auf eine zweistellige Millionenhöhe geschätzt. Für eine Sanierung des Unternehmens reicht das nicht.
BERLIN taz | Die Familie Schlecker muss auch nach der Insolvenz ihrer Drogeriediscount-Kette nicht hungern. Das meint jedenfalls der ehemalige Schlecker-Berater Thomas Roeb. "Ich wäre überrascht, wenn nicht im familiären Umfeld ein Vermögen in zweistelliger Millionenhöhe verblieben ist", sagte er der taz. Allerdings reiche dieses Vermögen nicht aus, um das Unternehmen zu sanieren.
Lieferantenschulden in zweistelliger Millionenhöhe haben nach Unternehmensangaben zur Insolvenz der Kette mit ihren mehr als 32.000 Angestellten geführt. Am Montag wurde die Privatinsolvenz von Firmengründer Anton Schlecker bekannt. Zugleich stellte sich die Familie seit über 20 Jahren erstmals auf einer Pressekonferenz den Medien.
"Es ist nichts mehr da", erklärte Meike Schlecker, Tochter des Firmenpatriarchen und Mitglied der Geschäftsführung. "Wir haben zu spät (mit der Umstrukturierung) begonnen und waren zu langsam." Dieser Offenbarungseid muss allerdings nicht zwingend bedeuten, dass die gesamte Familie tatsächlich kein Geld mehr hat.
"Der Insolvenzantrag und das private Vermögen sind zwei verschiedene Dinge", sagte Rechtsanwalt Torsten Martini der taz. Rechtlich insolvent sei man, wenn man anstehende Mieten und Lieferungen nicht zahlen könne - unabhängig davon, ob es überhaupt noch Vermögen gibt. Da Schlecker e. K. keine Kapitalgesellschaft ist, sondern Anton Schlecker als "eingetragener Kaufmann" für Verluste haftet, sei aus der Firmeninsolvenz auch eine private geworden.
Indiz für bedeutende Fehlentscheidungen
Handelsexperte Roeb ist darüber überrascht. Er habe angesichts der jahrzehntelangen Profitabilität des Unternehmens ein wesentlich höheres Privatvermögen erwartet, sagt er. "Wenn jetzt tatsächlich nur noch einige wenige Millionen Euro zur Verfügung stünden, müsste Schlecker in der Vergangenheit einige bedeutende Fehlentscheidungen getätigt haben."
Die Lieferanten von Schlecker ebneten unterdessen den Weg für eine Weiterführung des Betriebs, sagte Insolvenzberater Arndt Geiwitz. Die betroffenen Mitarbeiter würden ihre Gehälter pünktlich bis März aus dem Insolvenzgeld erhalten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft adé
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab