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Privatfunk-Aufsicht in BayernKorruption bei Medienwächtern

Bayerns oberster Privatsenderkontrolleur versucht sich durch eine Korruptionsaffäre zu lavieren und verliert dabei selbst in der CSU an Rückendeckung.

Tja, auch die Medienwächter stehen unter Beobachtung. Bild: ap

BERLIN taz | Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), gilt als die Teflon-Pfanne unter den deutschen Medienaufsehern. Doch nun wird es für den Privatfunk-Lizensator extrem eng. Denn morgen tagt der BLM-Medienrat, das oberste Gremium der engstens mit der CSU verflochtenen bayerischen Privatsender-Aufsicht. Doch selbst Parteifreunde rücken derzeit dezent vom bislang als allmächtig geltenden Ring ab. Denn es geht um Korruption, höchst unvollständige Aussagen und urbayerische Amigowirtschaft.

Unter Punkt 3 der Tagesordnungspunkt sollte der Medienrat am Donnerstag eigentlich die Genehmigung des „Bayern-Journals“ bis 2018 abnicken. Produziert wird das lukrative regionale Fensterprogramm, für das RTL und Sat.1 bezahlen, schon seit Jahren von der Firma Camp TV. Und so sollte es nach Willen der CSU-Gewaltigen auch bleiben, schließlich coached der politische Kopf des „Bayern Journals“, der ehemalige BR-Redakteur Ekkehard Mayr-Bülow, auch schon mal Parteifreunde für TV-Auftritte. Der so genannte Grundsatzausschuss des Medienrats hatte dies auch schon 5. Mai mit Mehrheit empfohlen.

Doch dazu dürfte es nun kaum kommen. Denn seitdem die Süddeutsche schon in der vergangenen Woche über Kredite des immer mal wieder unter Schleichwerbeverdachts geratenen Camp TV an den früheren Vorsitzenden des Medienrats, Klaus Kopka, berichtet hatte, ist es mit der bayrischen Gemütlichkeit vorbei: Im Grundsatzausschuss vor einer Woche hatte Ring erstmals zugegeben, von den Krediten gewusst zu haben. Er habe diese aber als Privatsache betrachtet und niemanden darüber informiert, erinnert sich Ulrike Gote, die für die Grünen im Grundsatzausschuss sitzt, an Rings Darstellung.

Am Dienstag dieser Woche schickte Ring dann allen MedienrätInnen plötzlich einen ganz anderen Brief: „Nach Überprüfung des Zeitpunkts bin ich zur Überzeugung gelangt, dass mich der ehemalige Vorsitzende des Medienrats, Klaus Kopka, im Frühsommer 2003 mündlich über die Tatsache unterrichtet hat, dass er und seine damalige Lebensgefährtin Darlehen“ von Camp-TV erhalten hätten, so Ring.

Wieso „zur Überzeugung gelangt?“, fragt sich da nicht nur die Landtagsabgeordnete Gote. Zumal Ring weiter schreibt, er habe dann auch den „stellvertretenden Vorsitzenden des Medienrats, Dr. Erich Jooß, und den Vorsitzenden des Verwaltungsrats, Manfred Nüssel, unterrichtet“.

Davon war im Grundsatzausschuss in der Woche zuvor noch keine Rede, die Herren sind übrigens heute noch im Amt – Jooß wurde praktischerweise einfach Kopkas Nachfolger. Auch nicht davon, dass Ring nach eigener Darstellung Kopka überzeugt habe, dass er sich „nicht mehr zur Wiederwahl stellen kann“ – was dieser eingesehen habe und nicht wieder antrat.

Auch das war neu für die Gremien, zumal sich der ehemalige CSU-Abgeordnete Kopka heute als „Bauernopfer“ fühlt: Es habe „niemals ein solches Gespräch gegeben“. Er sei vielmehr aus eigenen Stücken als Medienrats-Vorsitzender gegangen, so Kopka in der Frankenpost – und habe das auch schon Anfang 2003 und nicht erst im Sommer dem damaligen CSU-Fraktionschef Alois Glück verkündet. (Wobei mal man ganz nebenbei wieder sieht, wie „staatsfern“ die Medienaufsicht im Freistaat funktioniert).

Und selbst bei der aktuellen Camp-TV-Verlängerung bleibt es merkwürdig: Weil sich der Medienrat laut Gote dagegen sperrte, den Laden nach dem Tod eines Mitgesellschafters einfach dem langjährigen Camp-TV-Geschäftsführer Ralph Piller komplett zu überlassen, soll laut BLM-Vorlage zur heutigen Sitzung 30 Prozent an Camp TV von einer Walk’n Watch GmbH übernommen werden sollen.

Diese hat laut BLM nichts mit Piller zu tun. Heute mag das so stimmen. Doch noch im September 2008 firmierte laut Konzentrationskommission KEK dort als Geschäftsführer – ein gewisser Ralph Piller, der auch über 40 Prozent der Anteile hielt.

„Ich bin entsetzt darüber, wie im Medienrat gelogen wird – und es ist nur die Spitze des Eisbergs, die wir da sehen“, sagt Ulrike Gote. Auf Antrag von Grünen und SPD soll sich nun auch der bayerische Landtag mit BLM-Chef Ring und der Amigo-Affäre befassen: „Es wäre undenkbar, dass der Medienrat heute die Lizenz verlängert“, so Gote. Ring werde es schwer haben, „da wieder rauszukommen“.

Das scheint sich selbst in der CSU anzudeuten: Die schweigt derzeit beharrlich zur ganzen Angelegenheit, statt wie in früheren Konfliktfällen dem BLM-Präsidenten den Rücken zu stärken. Ring selbst wollte sich gegenüber der taz nicht äußern – dies werde er dafür im Detail im Medienrat tun, so ein BLM-Sprecher.

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2 Kommentare

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  • G
    Gehlen

    Prof. Ring (BLM) und seine Kumpanei ist auch über Bayern's Grenzen hinaus bekannt. Wird endlich Zeit, dass dieser "feine" Präsident seinen Hut nimmt.

  • CW
    Christine Weilmann

    Falsch verstandene Kumpanei in einem sensiblen Bereich "zahlt" sich nie aus. Irgendwann kommt doch alles raus. Netznutzer diffamiert und moralisiert man in unerträglicher Weise, aber die Medienwächter und Politiker (z. B. Elterngeld) machen in Schleichwerbung. Man darf gespannt sein was noch alles aus diesem Nest kriecht. Schade nur dass dafür erst jemand sterben muss und die Nachlassverwalter die Abgründe erleben dürfen.