Private Lösung für Karstadt möglich: Metro will zwei Drittel kaufen
Der Handelsriese Metro will die besten Karstadtfilialen übernehmen - und dabei auch einige Kaufhof-Filialen schließen. Guttenberg ist für die private Variante - während Verheugen Staatshilfen nicht ausschließt.
BERLIN dpa/rtr/taz | Der Handelskonzern Metro hält an seinem Übernahmeangebot für die Karstadt-Warenhäuser fest. Nach Aussagen von Metro könnten zwei Drittel der Karstadt-Filialen erhalten bleiben. Doch der Mutterkonzern Arcandor spekuliert auf staatliche Hilfen.
Derweil dementierte EU-Industriekommissar Günter Verheugen den gestern entstandenen Eindruck, dass sich die EU-Kommission bereits ablehnend über Staatshilfen für den Karstadt-Mutterkonzern Arcandor entschieden hätte. Die Kommission habe bislang zu dem Fall keine Entscheidung getroffen, betonte Verheugen im Deutschlandfunk.
Sie werde den Fall prüfen, wenn er vorgelegt werde. Die Gemeinschaft habe den Mitgliedsländern in der Krise mehr Flexibilität eingeräumt. Klar ist aber eben auch, dass Arcandor große Schwierigkeiten hätte, Staatshilfen von der EU-Kommission genehmigt zu bekommen.
Das hatte ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch ganz deutlich gemacht: Nach Analyse der vorliegenden Informationen sei Arcandor "nicht förderungswürdig, weil er schon vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen ist".
Metro erneuerte daher ihr Angebot und will nun auch mit der Bundesregierung sprechen. Finanzvorstand Thomas Unger sagte der Tageszeitung Die Welt: "Wir sind sicher, dass wir von den 90 Häusern 60 übernehmen und in unser Galeria-Kaufhof-Konzept integrieren können". Damit gebe der Konzern "dem weit überwiegenden Teil der Karstadt-Beschäftigten eine gesicherte Zukunft", so Unger.
Karstadt und Galeria Kaufhof würden zusammen über 203 Filialen verfügen. Doch der Vorschlag des Metro-Konzerns wird von Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick bislang abgelehnt.
Es sprächen - zumindest unter normalen Umständen - auch kartellrechtliche Gründe gegen eine Übernahme durch Metro. Schließlich sind Kaufhof und Karstadt die letzten verbliebenen klassischen Kaufhausketten. Und Handelsriese Metro vereinigt ohnehin schon einige große Handelsketten unter seinem Dach.
Derweil mischt sich Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) in die Debatte um Arcandors Zukunft ein. "Nächste Woche stehen Problemen mit den Banken an", sagte Seehofer am Mittwochabend nach einem Gespräch mit Vertretern von Betriebsrat und Firmenleitung in Nürnberg. "Also bis Anfang nächster Woche muss eine Entscheidung fallen."
Damit macht er auch Druck auf seinen Parteifreund, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der bislang nicht den Eindruck macht, als halte er viel davon, dass der Staat Arcandor beispringt. Bei Hilfen aus dem Deutschlandfonds seien die Signale der Europäischen Kommission "sehr eindeutig", betonte Guttenberg.
Demnach gehe er davon aus, dass ein solches Konzept "mit ganz großer Sicherheit nicht zum Tragen kommen kann". Dabei schloss Guttenberg einen Überbrückungskredit der staatlichen Förderbank KfW nicht aus. Dies könne geprüft werden, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk.
Vorrangig seien aber Lösungen von privater Seite. "Wir müssen sehen, dass wir schnellstens Investoren-Lösungen brauchen", sagte er und verwies dabei auf den Metros Übernahmevorschlag.
Bei den Verhandlungen um überlebensnotwendige Kredite für Arcandor schießen nach Informationen aus gut unterrichteten Kreisen die kleineren der Kredit gebenden Konsortialbanken quer. Sie hätten klar gemacht, dass sie nicht bereit seien, den auslaufenden Kredit über insgesamt 650 Millionen Euro zu verlängern oder neue Darlehen zu gewähren.
Auf die betroffenen Banken entfalle ein Rahmen von rund 100 Millionen Euro. Damit stehe auch die Gesamtfinanzierung auf der Kippe. Ein Arcandor-Sprecher sagte auf Anfrage: "Wir sind mit den kleineren Banken weiter im Gespräch."
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