: Private Experimente sind billig
Zwei Gemeinden aus NRW sollen mit Privatisierungs-Modellen der Landesregierung ihre Schulen billiger unterhalten. Auch die größte Stadt Köln möchte Public Private Partnership (PPP) ausprobieren
VON INGRID BÄUMER
Andrea Stamm ist skeptisch. “Die Vorgaben für die Betreiber sind meist viel zu vage. In den Verträgen heißt es, die Privatfirma soll DIN-Normen und gängige Vorschriften einhalten – das reicht nicht“, sagt Stamm, Mitglied der Grünen Ratsfraktion in Monheim. Gegen die absolute CDU-Mehrheit im Rat konnten die Grünen nichts ausrichten: Mitte Januar hat das Städtchen am Rhein ein 25-jähriges Bündnis mit der Firma Kirchner aus Bad Hersfeld geschlossen. Für 75 Millionen Euro soll das Unternehmen eine mit dem krebsfördernden Gift PCB verseuchte Schule sanieren und zusätzlich alle acht Schulen der Stadt betreiben sowie unterhalten – Hausmeister und Reinigungskräfte inklusive.
Laut einer Studie der Stadtverwaltung wirtschaftet der Private 12,5 Prozent günstiger als die öffentliche Hand. Dennoch haben die Grünen Bauchschmerzen. Stamm: „Der erste Teil – die PCB-Sanierungsverträge – ist gut formuliert und abgesichert. Was mir Sorgen macht, sind die viel zu langen Laufzeiten für Unterhaltung und Betrieb. Und der Betreiber genießt bei uns jetzt praktisch das Monopol auf den Schulbetrieb.“ Privatwirtschaftliche Effizienz und Kostentransparenz könne man viel besser durch Umwandlung der städtischen Gebäudewirtschaft in eine gemeinnützige GmbH erreichen.
In Monheim ist der PPP-Zug aber schon abgefahren. Auch in Frechen rollt er seit Anfang Februar. Dort werden eine Sonderschule und eine Turnhalle gebaut. Sind die fertig, soll sich der Betreiber auch um die Essensausgabe in der Schulkantine kümmern – alles schon im Ausschreibungspaket enthalten.
Die Landesregierung hat die Modellprojekte in Frechen und Monheim bei der Konzeption finanziell unterstützt. Eine Task Force im NRW-Finanzministerium hat ein Konzept für den Wirtschaftlichkeitsvergleich erarbeitet und begleitet insgesamt sieben PPP-Versuche. Die Experten raten: Vor Ort sollte es keine Überschneidungen zwischen städtischen und privaten Verantwortlichen geben. „Stellen Sie sich vor, an einer Schule gibt es einen Hausmeister von der Betreiberfirma und einen von der Stadt. Die würden doch versuchen, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben, wenn mal was nicht klappt“, sagt Frank Litwin, Leiter der Planungsgruppe PPP im Finanzministerium.
Das bedeutet andererseits: Wo Privatinvestoren reinkommen, fliegt städtisches Personal raus. Und das ärgert Friedel Giesen-Weirich. Der Gesamtpersonalratsvorsitzende der Stadt Köln fragt sich, wo er entlassene Menschen unterbringen soll. „Wenn Köln beschließt, alle 287 Schulen von Privaten bewirtschaften zu lassen, müssen früher oder später 450 städtische Hausmeister, Schulsekretärinnen und Putzfrauen Däumchen drehen. So schnell können wir für die keinen neuen Einsatzbereich finden.“ Vorerst würden die städtischen Angestellten dem Steuerzahler auf der Tasche liegen – ein Faktor, der in der Kostenrechnung nicht auftaucht.
Dennoch will Köln jetzt Nägel mit Köpfen machen. Und in der Domstadt sind die Ratsgrünen – zusammen mit der CDU – der treibende Faktor. Zwei PPP-Sanierungspakete kommen im April per Eilverfahren in die Ausschüsse. Zwar prüft die Verwaltung derzeit noch die Wirtschaftlichkeit. Dennoch wurden vor zwei Wochen schon Ausschreibungen veröffentlicht. „Man kann an allem so lange herumrechnen, bis es günstiger aussieht“, kommentiert Friedel Giesen-Weirich.
Werner Schauer vom Gebäudemanagement der Stadt Köln findet das parallele Verfahren gar nicht so ungewöhnlich. Schließlich seien die wesentlichen Daten schon vorab zusammengetragen worden. Die beiden Kölner Pakete erstrecken sich auf acht Schulen und haben einen Gesamtwert von rund 35 Millionen Euro. Sie fungieren als Versuchsballons: Wenn es damit klappt, folgen weitere. Mit dem Baubeginn rechnet Schauer frühestens Anfang 2005 – nach den Kommunalwahlen. Insgesamt 100 Millionen Euro sollen durch PPP in Kölner Schulen fließen. Aber wie lange will man den Modellen Zeit lassen zur Bewährung? Der Sanierungsstau von 500 Millionen Euro legt schnelles Handeln nahe.