■ Pressespiegel: Keine Schadenfreude über Vulkan-Crash
Die Konkurrenten der Bremer Vulkan-Werft in Hamburg, Rostock, Stralsund und Bremerhaven halten sich vornehm zurück mit Kommentaren zum nun aktenkundigen Ende der Bremer Werft. Auch die Lokalblätter in den betroffenen Städten haben in den vergangenen Tagen sehr zurückhaltend kommentiert.
„Alle Kraft auf die Seestadt richten“, überschreibt die Nordsee-Zeitung ihren Kommentar am 12.12. Nach den Worten der Trauer über die Folgen des Vulkan-Endes für Bremen kommt die Kommentatorin auf die günstigere Lage für Bremerhaven zu sprechen: „Die Unternehmensberater von McKinsey, so ist zu hören, sollen die Situation in Bremerhaven ,sehr viel positiver einschätzen'. (...) Dennoch müssen die im Lande Bremen verantwortlichen Politiker jetzt nicht nur den gebeutelten Vegesacker Werftarbeitern Perspektiven auf anderen Arbeitsfeldern eröffnen, sie müssen zügig auch alle Kraft darauf konzentrieren, den Schiffsneubau in Bremerhaven zu erhalten. Die Katastrophe von Vegesack darf sich in der Seestadt nicht wiederholen.“
„Ich gehe davon aus, daß auch in den nächsten Jahren die Schiffbaukapazität in Deutschland noch weiter zurückgehen wird“, zitiert das Handelsblatt an demselben Tag den Chef der Thyssen-Industrie AG. Die Thyssen-Werft in Emden hat noch einmal Glück gehabt und wird auch ein Stück von dem Fregatten-Anteil, der vor einem Jahr noch für den Vulkan vorgesehen war, abbekommen.
Das Hamburger Abendblatt druckt den Bericht seiner Bremer Korrespondentin ohne Kommentar oder Akzente aus Hamburger Sicht.
Die lokalen Zeitungen aus Wismar und Stralsund, wo große Werftbetriebe zum Vulkan-Verbund gehört haben, halten sich vollkommen zurück. Auch aus Rostock, wo die Warnow-Werft ihren Sitz hat – kein Kommentar: Reine Agentur-Berichterstattung in den Ost-Blättern, keine eigene regionale Note, die auf Rückwirkungen verweisen würde, nicht einmal in der Zeitung aus der Landeshauptstadt, der Schweriner Volkszeitung.
Die Ostseezeitung druckt den Bericht der Bremer ap-Korrespondentin unter der eher verharmlosenden Überschrift: „Bremer Vulkan baut keine Handelsschiffe mehr“.
Auch der direkte Zusammenhang zwischen dem Kapazitätsabbau in Bremen und der EU-Genehmigung für die Erneuerung der Beihilfen ist der Rostocker Zeitung bisher keine Zeile wert gewesen.
Wer sich im Osten darüber informieren will, muß zu dem West-Blatt Die Welt greifen. „Neue Hoffnung im Osten bei den früheren Vulkan-Werften“ behauptet der Welt-Autor aus Berlin. „Wir werden uns bemühen, daß die zwei Ostwerften eine neue Chance bekommen“, zitiert Die Welt den EU-Kommissar van Miert. K.W.
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