Pressefreiheit: Kontrolliert und blockiert
In fast allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion wird die Arbeit von Journalisten konsequent behindert. Und es wird immer schlimmer, wie eine neue Studie belegt.
it der Pressefreiheit in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion - mit Ausnahme der baltischen Staaten - geht es stetig bergab. Zu dieser Einschätzung kommt die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House in einer neuen Studie mit dem Titel "Die Medien mundtot machen - die Rückkehr der Zensur in den GUS-Staaten". Mittlerweile gehört diese Region zu den weltweit gefährlichsten Einsatzgebieten für Journalisten. Allein in Russland sind seit dem Machtantritt von Präsident Wladimir Putin 2000 zwei Dutzend Medienvertreter getötet worden.
Erhielten 1994 immerhin noch sechs GUS-Staaten das hoffnungsvolle Label "teilweise frei", werden mit der Ukraine und Georgien heute nur noch zwei Länder dieser Kategorie zugerechnet. Alle anderen werden als "unfrei" eingestuft, was bedeutet, dass in diesen Staaten fehlende Garantien bzw. Schutzbestimmungen im juristischen, wirtschaftlichen und politischen Bereich einen unabhängigen Journalismus unmöglich machen. Spitzenreiter auf der Negativskala sind Weißrussland, Usbekistan und Turkmenistan. Von 195 untersuchten Staaten gehören sie zu der Gruppe der zehn mit den schlechtesten Noten.
Vier Trends, die Pressefreiheit auszuhebeln, hat Freedom House seit der ersten "farbigen" Revolution in Georgien 2003 ausgemacht. So haben die autoritären Regimes die Kontrolle über elektronische Medien und dabei vor allem die Fernsehsender - immer noch Hauptinformationsmedium für die Mehrheit der Bevölkerung - massiv verstärkt.
Neue restriktive Gesetze geben der Regierung Mittel an die Hand, unerwünschte Berichterstattung zu verhindern und kritische Journalisten kaltzustellen. So kann in Weißrussland seit 2005 mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden, wer "über die politische, wirtschaftliche, soziale oder außenpolitische Situation des Landes falsche Informationen verbreitet".
Auch ausländische Medien geraten ins Visier der Staatsmacht. In Russland fährt der Kreml seit 2005 eine Einschüchterungskampagne gegen den vom US-Kongress finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL). Örtliche Radiosender, die RFE/RL-Sendungen im Rahmen ihrer Programme ausstrahlen, werden unter Druck gesetzt.
Seit einiger Zeit interessieren sich die exsowjetischen Feinde der Pressefreiheit auch wieder verstärkt für Printmedien: mit obskuren Steuerprüfungen sowie sich häufenden Prozessen wegen Verleumdung, die hohe Geldstrafen und oft die Schließung des betroffenen Mediums zur Folge haben. Einen Grund dafür sieht Freedom House darin, dass immer mehr kritische Inhalte aus Zeitungen den Weg ins Internet finden. Vermehrte Versuche, unliebsame Websites zu blockieren, finden vor allem vor Wahlen statt. So unerfreulich die Bestandsaufnahme, so düster die Prognose. "Die Tatsache, dass die Presse ihre unerlässliche Rolle als kritischer Kontrolleur nicht wahrnehmen kann", heißt es in dem Bericht, "liefert diese Staaten einer undemokratischen Zukunft aus."
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