Press-Schlag: Fußball statt Storys
Trainer Stanislawski arbeitet in Köln am Charakter von Klub und Team. Aus dem als Lachnummer verschrieenen 1. FC soll ein seriöser Verein werden.
Wenn Holger Stanislawski über seine Kölner Spieler redet, dann nennt er sie „die Jungs“. Wer sich mit ihm unterhält, sollte die Spitznamen kennen. Es geht um den Hacki (Kevin Wimmer), den Pritsche (Kacper Przybylko) oder den Major (Stefan Maierhofer).
Das ist seine Art. Der auf St. Pauli sozialisierte „Stani“ ist kein Krawatten tragender Coach, der ein Team managt, sondern ein Trainer von der ursprünglichen Art. Er sieht sich als Motivator. Er will seine Jungs mit letztem Einsatz kämpfen sehen. Wie begabt sie auch sein mögen, sie müssen alle für die gemeinsame Sache schuften.
Und weil die Jungs vom 1. FC Köln seiner Ansicht nach genau das tun, macht ihm die Arbeit beim Erstliga-Absteiger, Neunten der Zweiten Liga, viel Freude. „Ich bin superzufrieden, wie die Jungs das durchgezogen haben“, sagte er, nachdem der FC am 17. Januar aus dem Wintertrainingslager in Belek zurückgekehrt war.
Überhaupt verbrachte der Verein die Pause, die am Samstag mit dem Heimspiel gegen Aue (13 Uhr) endet, in unerhörter Harmonie. Anders als in früheren Zeiten gab es weder Reibereien noch Skandale (zumindest drang nichts nach außen) – und auch keine seltsamen Spielerkäufe.
schreibt regelmäßig für die taz-Sportredaktion.
Leidlich erfüllte Wünsche
Setzte im vergangenen Winter der damalige Sportdirektor Volker Finke seinem Trainer Stale Solbakken mit dem Koreaner Chong Tese noch einen Profi vor, den der Coach weder kannte noch gebrauchen konnte, so wurden diesmal Stanislawskis Wünsche so gut wie möglich erfüllt. Aus Salzburg kam der baumlange Stürmer Stefan Maierhofer (30), aus Estoril lieh der Verein den brasilianischen Innenverteidiger Bruno Nascimento (21) aus. In beiden Fällen ist der Klub davon überzeugt, dass die Spieler auch charakterlich zu den Kölner Jungs passen.
Darauf achtet Kaderplaner Jörg Jacobs genauso wie Frank Schaefer, „Leiter Sport“ des Vereins. Und auch Stanislawski. Das Dreigestirn bildet, wie alle immer wieder betonen, ein Team, das nur ein Ziel verfolgt: den FC voranbringen. Nebenher soll der neue Geschäftsführer Alexander Wehrle, der im Januar vom VfB Stuttgart kam, den mit 30 Millionen Euro verschuldeten Verein sanieren – sein Motto: „Wir wollen maximalen sportlichen Erfolg erreichen, ohne den Klub wirtschaftlich zu gefährden.“
Die Kölner scheinen es ernst zu meinen. Sie wollen nicht mehr die Lachnummer des deutschen Fußballs sein. „Ich habe das Gefühl, dass es von den Fans und medial wahrgenommen wird, dass sich der FC verändert“, hat Jacobs dem Kölner Stadt-Anzeiger gesagt. „Wir bewegen uns weg vom Klub mit hohem Unterhaltungswert hin zu einem normalen Verein, der das Publikum mit Fußball unterhält und nicht mit Storys.“
Identische Worte
Zur neuen Kölner Art gehört es, dass die sportliche Leitung demonstrativ mit einer Stimme spricht. Ob Vizepräsident Toni Schumacher oder Stanislawski, alle benutzen sie im Winter fast identische Worte, um ihre ihre Mission zu erklären– der Tenor: „Wir ziehen alle an einem Strang und wollen das Beste für den FC erreichen. Ein guter Start nach der Winterpause ist wichtig, wir wollen den Relegationsplatz angreifen und vielleicht schon im Sommer aufsteigen, im nächsten Jahr aber bestimmt.“
Vor den restlichen 15 Saisonspielen trennen den FC sechs Punkte von Tabellenrang drei, der zur Relegation berechtigt. „Dass der dritte Platz noch in Sichtweite gekommen ist, liegt daran, dass wir in den letzten 13 Spielen nur eine Niederlage hinnehmen mussten. Wir waren schon mal 13 Punkte hinter Lautern“, sagt Stanislawski, sichtlich stolz auf seine Jungs.
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