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■ Press-SchlagDer Kroate mit der Stoppelfrisur

Auf dem Tennisplatz ist alles wie gewohnt. Goran Ivanisevic donnert die Bälle beim Tennisturnier in Kitzbühel mit Urgewalt über das Netz, schlägt eine As-Serie („Dieser Aufschlag ist nicht erlernt – er ist angeboren“) nach der anderen. Doch das Umfeld hat sich für den Kroaten mit der Stoppelfrisur dramatisch verändert. Er ist nie mehr allein. Ein Leibwächter mit typischer Sonnenbrille begleitet ihn in Kitzbühel auf Schritt und Tritt. Der Veranstalter läßt Ivanisevic rund um die Uhr von speziellen Sicherheitsorganen bewachen.

Der 21jährige Kroate gilt als stark gefährdet, nachdem er mit dem ihm eigenen Bekennertum beschlossen hat, „auf dem Tennisplatz für die Leute in Kroatien zu kämpfen“. Er setzt dabei seine Popularität bewußt und gezielt ein. Ivanisevic: „Überall, wo ich gewinne, weht die kroatische Flagge.“

Nur gewonnen hat der Wimbledon-Finalist von 1992, der in fünf Jahren Profitennis 3,2 Millionen Dollar an Preisgeld eingespielt hat, in diesem Jahr bei zehn Turnieren noch immer nicht. Im Finale von Doha verlor Ivanisevic gegen Boris Becker und in Rom sang- und klanglos gegen Jim Courier. Geplagt von einem Ermüdungsbruch im rechten Mittelfuß, von Achillessehnen-und Rückenbeschwerden, reichte es nicht zu mehr. Er habe im letzten Jahr zuviel gespielt und der Krieg in Kroatien seine Konzentration geraubt. „Es ist schwierig, wenn du nicht weißt, ob deine Familie lebt. Meine Gedanken waren nicht unbedingt beim Tennis.“ Jetzt steht wieder Tennis im Vordergrund. Weitere Fragen zum Krieg zu Hause möchte er nicht mehr beantworten: „Es ist alles sehr traurig, aber ich habe alles dazu gesagt.“

Nach Wimbledon, wo er gegen den US-Amerikaner Todd Martin unrühmlich mit 0:6 im fünften Satz in der dritten Runde ausschied und seinem Image als „böser Bube“ wieder einmal gerecht wurde, hat er pausiert und ist nach Hause, nach Split gefahren. In Kitzbühel, wo er der große Favorit ist und ziemlich mühelos das Viertelfinale erreichte, spielt er ohne die Unterstützung seines Trainers. Bob Brett („Die größte Befriedigung für einen Coach ist es, unnötig zu sein“), hat es vorgezogen, vor den US-Open Ende September noch einige Tage Urlaub zu machen.

Dafür ist der Vater des Tennisspielers dabei. Wild gestikulierend möchte Papa Ivanisevic seine Tips an den Weltrangenlistenelften bringen, doch der reagiert darauf kaum. „Er fühlt sich für mich verantwortlich, aber Ahnung hat er natürlich nicht“, meint Sohn Goran lapidar. Karl Wilhelm Götte

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