■ Press-Schlag: Kicker machen große Politik
Hätte die rumänische Regierung nicht mit jenem üblichen Einfallsreichtum windiger Geschäftemacher eingegriffen, wäre die rumänische Fußballmannschaft am Ende ganz allein geblieben. Bei einem Durchschnittsverdienst von monatlich fünfzig bis achtzig Mark hätten die Rumänen schon vor Jahren anfangen müssen, für den WM- Trip zu sparen. Als gewichtiger Ausgleich zu Zehntausenden feindlicher Fans eilten wenigstens Staatschef Ion Iliescu, Ministerpräsident Nicoale Vacaroiu, acht weitere Minister sowie Dutzende anderer Würdenträger zur Eröffnung gen Ami-Land.
Daß Rumänien in den kommenden Wochen aus Amerika regiert wird, hat mit der WM angeblich nichts zu tun. Just in der letzten Woche gründeten Staatspräsident und Regierung ein „Komitee für die Verbesserung des rumänischen Ansehens im Ausland“, welches der Minister für Wirtschaftsreformen leitet. Es beschränkt seinen Tätigkeitsbereich exklusiv auf das Territorium der Vereinigten Staaten und Kanadas. Und wird finanziert vom Steuerzahler.
Um die Wut des gemeinen Rumänen zu besänftigen, unterzeichnete die Regierung kurzerhand Lohnerhöhungen für die gerade vor dem Regierungspalast streikenden Berg- und anderen Arbeiter. Abflugtermin des 120 Mann starken „Komitees“ aus dem Land der unbegrenzten Schwindeleien in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten: 17. Juni. „Alles nur Zufall“, versichert der Regierungssprecher. Der Terminplan des „Komitees“ sei mit Symposien und Konferenzen vollgestopft.
Die Rumänen werden ihrer Obrigkeit nach der ersten Empörung trotzdem verzeihen. Denn das „Komitee“ hat am Sonnabend so kräftig geklatscht, daß die Rumänen prompt gegen Kolumbien siegten und das Land von Dracula und Ceausescu endlich in aller Munde ist. Es wird der größte Erfolg des „Komitees“ bleiben. Es sei denn, Bill Clinton träfe sich doch endlich mit dem von ihm geschmähten rumänischen Staatschef an der Würstchenbude der Ehrentribüne. Keno Verseck
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