■ Press-Schlag: Ein Leben ohne Sehnenkiller
Manchmal, an diesen Düsternis ausdampfenden Tagen, legt man die Stirne kraus und denkt: Was wird sein? Die Lippen stülpen sich spitz wie zum Kusse und pfeifen leise Que sera, sera ... Und dann sucht der Mensch Zuflucht bei den Klugen dieser Welt. Findet man Trost etwa bei Milan Kundera? Der schreibt: „Die Zukunft ist ein leeres Zimmer“ (zit. nach: Wochenpost). Echt wahr? Einmal den Blick schweifen lassen und feststellen: Regale, Stühle, Lampen ... Das also ist es nicht.
Von Hans-Hubert Vogts hingegen war gerade zu hören: Die Zukunft ist ein leeres Rasenstück. Wie meinen? Der Bundestrainer, ganz einfach, spricht von den neuen FIFA-Regeln (der Weltverband unterhält wirklich eine „Projektgruppe Zukunft“, mit Platini & Co.). Weil nämlich neuerdings rausfliegt, wer zusammentritt. Keine Blutgrätsche mehr, unerbittliches Rot für die Sehnenzerfetzer, für alle Aduktorenkiller und Sprunggelenksatomisierer! Da schaut Vogts auf seinen Personalbestand, Übel schwanend: „Ob wir mit 22 Mann auskommen?“ Im Halbfinale kicken also, wenn's dumm läuft, vier Hanseln gegen sechs, der Rest sitzt Sperren ab?
Aufgebracht brummt Chefmeuchler Jürgen Kohler: „Das ist eine Kampfsportart.“ Ha! Sieht der Mann nicht inzwischen aus wie einer, der für eine Handvoll Lire auftragsgemäß einen zu laut krähenden Hahn mit 'nem aufgesetzten Schuß aus der Beretta liquidiert – eiskalten Blutes? Höhnend ruft er gequälten Stürmerseelen zu: „Mir tut zur Zeit das Ohr ein bißchen weh, aber damit muß man leben.“
Ha! Elender! Kerle wie du werden domestiziert durch Karten, rote und gelbe, oder Ihr werdet nicht mehr sein! (Bilanz nach acht von 52 Spielen: 30 Verwarnungen, zwei Platzverweise.) Und der Ball wird rollen ungestört, und Tore werden fallen ohne Zahl. Dann sehen wir in Zukunft, Milan Kundera, kein leeres Zimmer, sondern – 4:0, 7:1, 5:3 ... – krachvolle Hütten! Herr Thömmes
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