■ Press-Schlag: „Volleyball guckt man nicht“
Tradition muß nichts Schlechtes sein. Im Gegenteil. Sie kann Qualität bewahren, denn ihre Maßstäbe setzen Eckpunkte für die Zukunft. Das Bremer Volleyball-Nationenturnier der Frauen ist so ein Beispiel. In diesen Tagen läuft es zum 16. Mal und ist nach wie vor das bestbesetzte Netzspektakel dieser Art in der Bundesrepublik. Große Namen versprechen großen Sport. Kuba. Wie das klingt! Weltmeister, Olympiasieger, Mireya Luis, Regla Torres. Da sollten doch die Massen in die Halle strömen.
Tun sie aber nicht. Wie wird eine Traditionsveranstaltung also finanziert? Über das Fernsehen, keine Frage. Nur, das Fernsehen will gar nicht – oder es kann nicht. Ludwig Evertz, TV- Sportchef von Radio Bremen, zieht ein langes Gesicht. Er muß sich innerhalb der ARD rechtfertigen. „Wie soll ich denen verkaufen, daß wir hier Spitzensport anbieten“, fragt er, „wenn die Halle halb leer ist?“
Die Veranstalter aber brauchen Fernsehgelder, weil sie sonst keine Veranstalter mehr sein könnten. Hinter vorgehaltener Hand wird Tacheles geredet. Zweihundert Zuschauer mehr oder weniger, was ist das schon gegen zehn Sendeminuten?
Allerdings gibt es ja auch noch den Deutschen Volleyballverband (DVV). Und weil der professioneller tut, als er sein kann, hat er die Vermarktungsagentur International Event Marketing (IEM) beauftragt, TV-Gelder und Sponsoren zu besorgen. IEM nun mochte richtig Geld für die Übertragungsrechte sehen. ARD und ZDF aber winkten zunächst gleich ab. Viel zu teuer. Das Deutsche Sportfernsehen (DSF) war letztes Jahr mit seinen Volleyballberichten von der Männer-Weltliga finanziell auf die Nase gefallen. Kein Interesse mehr, hieß es. Noch drei Wochen vor dem Bremer Turnier der großen Namen wollte niemand freiwillig übertragen. In einer Art „Goodwill-Aktion“ (ZDF- Mann Amsinck) sendet das ZDF nun am Sonntag nachmittag. Vielleicht siebzehn, vielleicht auch 25 Minuten. Kommt darauf an, ob eine Wintersportveranstaltung ausfällt. Die ARD würde gern am Samstag nachmittag in den dritten Programmen etwas bringen. „Geht aber nicht“, so Evertz, „da ist der Medienvertrag mit der Deutschen Eishockeyliga vor.“
So ist das: „Volleyball spielt man, aber man guckt es nicht.“ So wird in den Sendern gern argumentiert. Das letzte Männerfinale hatte mal gerade 2 Prozent Einschaltquote (500.000 Seher). Trotzdem steigt die ARD jetzt in Bremen möglicherweise für drei Jahre ein, „des öffentlich-rechtlichen Auftrags wegen“. Aber eben auch, weil sie plötzlich, weil ohne Bieter-Konkurrenz, die Bedingungen stellen kann. RTL oder Sat.1 sind kein Thema. Die beiden kennen das Wort Volleyball gar nicht. Jürgen Franke, Bremen
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