Press-Schlag: Papst goes Islam
■ Die alternative Fußballbewegung als Hebel interreligiöser Ökumene?
Bei der Mitgliederversammlung der größten alternativen Fußball-Liga des Landes machten wieder einmal bahnbrechende Neuigkeiten die Runde: 57 Teams hat die Bunte Liga Aachen jetzt – das ist erneut eine Bestmarke. Die deutsche Meisterschaft findet diesen Sommer in Schweinfurt statt – ein besonderer Ort: Erstens jagte hier, bei 05, der junge Lothar Emmerich seiner geliebten Kirsche nach, und zweitens wirkt bei Gastgeber THC Internationale Schweinfurt mit Martin Stöcklein heute ein direkter Nachfahre des Mannes mit, der den Fußball erst so recht vollgepumpt ins Rollen brachte: der Schweinfurter Tüftler Fritz Stöcklein, der einst das Rückstoßventil erfand. Bemerkenswert auch: Die Roten Nullen, seit drei Jahren Titelträger, erwägen gerüchteweise einen freiwilligen Startverzicht, weil dies die einzige Chance sei, ihre Erfolgsserie zu stoppen.
Bekannt wurde am Rande der Vollversammlung auch eine pikante Geburtstagsgleichheit berühmter Fußballfunktionäre: Achim Blickhäuser, Linksfußlegende von Partisan Eifelstraße und bundesdeutscher Rekordspieler im Alternativmilieu (knapp 600 Einsätze), wird am Rosenmontag 1995 runde 40 Jahre alt. Am gleichen Tag feiert der schlechthinnige Feind der Bunten, DFB-Präside Egidius Braun, seinen Siebzigsten. Dem geschockten Blickhäuser kam, was bislang kaum je erlebt wurde, keinerlei Sottise, Verbalkonter oder Parodievolley in den Sinn. Er war einfach nur entsetzt über die Entweihung seines Ehrentages: „Das darf nicht sein.“
Blickhäusers Partisanen, Ex- Champion landesweit 1991, sind seit einigen Spielzeiten vergreisungsbedingt ohnehin auf dem absteigenden Ast: Nicht einmal für die B-Meisterschaft reichten dieses Jahr die Künste, und nur um Haaresbreite wurde die Peinlichkeit schlechthin verhindert: in der Tabelle hinter dem geliebten Ewigkeitsrivalen Juventus Senile zu stehen, obwohl deren Ballartistik auch immer mehr wie Juventus Debile wirkt.
Nach langer Debatte beschloß die bunte Mitgliederversammlung einen Beitritt zum soeben offiziell gegründeten Internationalen Sportverein Aachen e.V. Hier haben sich zahlreiche Gruppierungen, mehrheitlich orientaler Herkunft, zusammengeschlossen – u.a. das Team des Aachener Ausländerrates, des Iranischen Studentenvereins, des türkischen Zentrums und des marokkanischen Fußballvereins. Doch erst nach vollzogener Mitgliedschaft der Bunten fiel Pressewart Dieter Calcic (Eintracht Zwietracht) die religionspolitische Dimension des Beitritts auf. Quasi huckepack sitzt jetzt auch Papst Wojtyla, seit drei Jahren Ehrenmitglied der Alternativen, mit Mohammed in einem Boot.
Fragen über Fragen wurden andiskutiert: Wird Jo Paul Zwo, der seinerzeit schriftlich versprach, „alle Fußballer in die Gebete einzuschließen“, für seine muslimischen Schäfchen jetzt aus dem Koran lesen? Schließt er sich mit dem Kollegen Mohammed zusammen, oder konvertiert er zum Islam? Womöglich als Hilfsmullah? Ist jetzt Ramadan in Rom? Würde dadurch die Macht des Katholizismus (endlich) bröckeln, oder steht eine einzige Weltreligion mit Klerikalisierung des Kicks bevor, womöglich mit Nonnengruppen als Cheerleader am Spielfeldrand? Kann die aparte Aachener Fußball-Ökumene überhaupt gutgehen? Man weiß es noch nicht: Der Ball ist schließlich rund. Bernd Müllender
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