Press-Schlag: Fauler Treppenwitz
■ Bayern München verliert zwei Punkte wegen erwiesener Amateurhaftigkeit
Auch wenn es mit dem Traum von der internationalen Spitzenmannschaft schon wieder nicht geklappt hat, für ein Possenspiel der internationalen Spitzenklasse ist Bayern München allemal gut. Als schlauer internationaler Spitzenfuchs hat Trainer Giovanni Trapattoni natürlich längst erkannt, daß Hermann „Tiger“ Gerlands Amateure in dieser Saison das bessere Team beim Münchner Klub stellen, und im Spiel gegen Frankfurt einfach mal vier der spritzigen Tigerbabies eingesetzt. Hätte die Sache geklappt, wäre der Durchmarsch an die Tabellenspitze und der erneute Meistertitel bloß noch eine Formsache gewesen. Nur dumm, daß man vergessen hatte, Pressesprecher Markus Hörwick einzuweihen. Der veranstaltete bei der Einwechslung des vierten Vertragsamateurs Dieter Hamann einen solchen Veitstanz, daß auch der letzte Dödel im Stadion merkte, daß irgendwas nicht stimmte. Spielen dürfen nämlich nur drei Amateure, und die DFB-Spielordnung besagt in Paragraph 25, Absatz 4, klipp und klar, daß ein Spiel für den Verein als verloren zu werten sei, der einen „nichtberechtigten Spieler schuldhaft eingesetzt hatte“.
Pech für die schuldhaften Bayern, aber so leicht wollten sie sich den schönen 5:2-Sieg im Frankfurter Waldstadion nicht rauben lassen. Zunächst beantragten sie eine nachträgliche Sondergenehmigung für Hamann, da leider nicht genug gesunde Profis zur Verfügung gestanden hätten, lösten damit aber allenfalls heiteres Gelächter in der DFB-Zentrale aus. Dann erhielten sie plötzlich unerwartete Hilfe von der Frankfurter Eintracht, vermutlich der erste Verein der Fußballgeschichte, der sich mit aller Macht gegen zwei Punkte sträubt. Die Hessen forderten „auf der Basis einer freundschaftlichen Partnerschaft“ ein Wiederholungsspiel, was so verwunderlich nicht ist. Schließlich hat die Eintracht, nachdem sie in dieser Spielzeit gleich doppelt Harakiri beging, nichts mehr zu verlieren und schon gar nichts zu gewinnen. Was liegt näher, als den lukrativsten Weg zu beschreiten. Listig-perfid angereichert wurde der Vorschlag durch die Ankündigung, mit den Einnahmen eine Stiftung für krebskranke Kinder zu unterstützen; die Vermutung, bei der ganzen Aktion könne auch ein Rabatt für den von München nach Frankfurt wechselnden Markus Schupp eine Rolle spielen, wurde weit, weit und noch weiter ins Reich der Fabeln verwiesen.
„Damit können wir leben“, freute sich Bayern-Kapitän Helmer über das Angebot, andere Klubs hatten an der freundschaftlichen Partnerschaft zwischen den austrudelnden Hessen und dem Konkurrenten um UEFA-Cup-Platz und Meisterschaft weniger Vergnügen. „Ein Treppenwitz“, befand Freiburgs Coach Volker Finke. Ähnlich sah es der DFB. „Es kann nicht sein, daß Vereine zu einem Übereinkommen finden, das in den DFB-Statuten gar nicht vorgesehen ist“, erklärte DFB-Sprecher Niersbach, das Sportgericht wertete das Spiel mit 2:0 Punkten und 2:0 Toren für Eintracht Frankfurt.
„Das ist sportlich ein Witz“, schimpfte durchaus trefflich Bayern-Torwart Oliver Kahn. „Wir haben uns ja außer einem dummen Fehler nichts zuschulden kommen lassen“, klagte Manager Uli Hoeneß. Gerade er sollte allerdings spätestens seit der Europameisterschaft 1976 wissen, daß dumme Fehler im Fußball bittere Folgen haben. Nichtsdestotrotz wollen die Bayern Berufung gegen den Punkteabzug einlegen, außerdem soll Uli Hoeneß einen nachträglichen Protest gegen das Erstrunden-Aus im DFB- Pokal gegen den TSV Vestenbergsgreuth vorbereiten: „Wenn jemand zu viele Amateure auf dem Platz hatte, dann ja wohl die!“ Matti Lieske
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen