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Press-SchlagHennes, hilf!

■ Der 1. FC Köln und seine Geißböcke

Die Irritation währte nur kurz. Warum, fragte man sich zu Wochenbeginn, hat der 1. FC Köln nicht Trainer Stephan Engels rausgeworfen, was in solch hoffnungslosen Fällen wie dem der Rheinländer ja nicht nur üblich, sondern geradezu unabdingbar ist? Wieso konnte der Coach selbst so vollmundig und dreist behaupten, daß seine berufliche Zukunft beim Verein zumindest für diese Saison gesichert sei? Die Antwort folgte auf dem Fuße. Das Komplott war längst geschmiedet, der Schuldige an der Misere entlarvt: Geißbock Hennes VI. Der 1. FC Köln könnte als erster Verein in die Geschichte eingehen, der den Abstieg dadurch vermeidet, daß er nicht den Trainer feuert, sondern das Maskottchen ermordet. Denn siehe: Kaum war der Sündenbock unter fadenscheinigen Vorwänden eingeschläfert und sein Nachfolger inthronisiert, gab es den ersten Sieg nach drei Monaten, ein souveränes 2:0 gegen 1860 München. „Totgesagte leben länger“, staunte Karl-Heinz Wildmoser. Auf den heimtückisch gemeuchelten Hennes VI. trifft diese Aussage des Löwen-Präsidenten allerdings eher nicht zu.

Bislang hatte von allen Bundesligavereinen nur der HSV begriffen, welche Möglichkeiten sich im Glücksbringer-Bereich auftun. Die Hamburger wählten jedoch einen weniger gewalttätigen Weg als die Kölner und machten ihr Maskottchen einfach zum Präsidenten. Andere Klubs müssen sich fragen lassen, ob sie diesen Aspekt nicht viel zu lange vernachlässigt haben, allen voran 1860 München, einer der wenigen Vereine, der gegen Köln Punkte abgegeben hat.

Wenn man schon über ein solch imposantes Wappentier verfügt wie die Sechziger, dann sollte man es gefälligst auch hinter sein Tor stellen, und nicht darauf vertrauen, daß ein Lorant zur Einschüchterung eigentlich reichen müßte.

Überraschend dennoch, wie schnell Hennes VII. in Köln dafür sorgte, daß sogar ein Stefan Kohn plötzlich ins Tor traf – wenn auch auf schwer nachvollziehbare Weise. Was macht der neue Geißbock anders? war die meistgestellte Frage im Müngersdorfer Stadion. Die Antworten der Profis reichten von „Er guckt nicht so genervt“ über „Er hat einfach mehr Charisma“ bis zu „Er sieht aus wie Max Merkel, das reicht“.

Bleibt die Frage, wie lange die Hennes-Power vorhält und was passiert, wenn sie verpufft ist. „Der eine geht, der andere kommt“, philosophierte Kölns Trainer kühn zur Maskottchen- Affäre. Er sollte vielleicht vorsichtiger sein, was die Verbreitung seiner fußballerischen Weisheiten betrifft. Der nächste, der in Köln gefeuert wird, dürfte nämlich mit ziemlicher Sicherheit nicht der Geißbock sein. Andererseits wird man Stephan Engels wohl kaum einschläfern. Matti Lieske

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