piwik no script img

Press-SchlagDas Jahrhundert-Ereignis

■ Die Auswahl von Städten und Stadien zeigt den Gigantismus der Frauenfußball-WM 1999

Vergeßt die Olympischen Spiele von Los Angeles und Atlanta! Vergeßt die Männer-WM 1994! Die Major League Soccer ohnehin. Die US-Amerikaner machen Ernst mit ihrer Ankündigung, die Frauenfußball-WM 1999 ganz groß aufzuziehen. „Die Frauen-WM 1999 wird das Sportereignis dieses Jahrhunderts“, verkündete Donna De Varona am Mittwoch in New York bei der Bekanntgabe der sieben Spielstätten und Stadien für das Ereignis. Die Schwimm- Olympiasiegerin gilt in den USA als Ikone des Frauensports. 1984 war sie Beraterin von Peter Uberroth, dem Macher der Olympischen Spiele in Los Angeles; jetzt ist sie die Organisationspräsidentin für die Fußball-WM der Frauen.

Als Stadien wurden ausgewählt: das Foxboro in Boston, die Rose Bowl in Pasadena, das Giants in New York, das Stanford von Palo Alto nördlich von San Francisco und das Soldier Field in Chicago, alle von der Männer-WM noch bestens bekannt. Dazu kommen das Civic- Stadion in Portland und das Jack Kent Cooke in Washington D.C., das statt des etablierten „RFK“-Stadions nominiert wurde – weil es größer ist.

Überhaupt sind alle riesige Stadien, die von den Dimensionen künden, in denen die Veranstalter denken. Mit der Wahl von Los Angeles und seiner Rose Bowl (Fassungsvermögen: 102.083 Zuschauer) für das WM-Finale peilt man gar einen neuen Zuschauerrekord an. Im WM-Finale 1994 zwischen Brasilien und Italien pilgerten exakt

94.194 Fans durch die Kassenhäuschen des Riesenrunds von Los Angeles. In Atlanta sorgte das Olympia-Finale zwischen den US-Frauen und China mit 76.489 Fans für ein ausverkauftes Haus. Die Nachfrage war aber größer.

Mit der Festlegung von Portland als Spielstätte wird der Tatsache Rechnung getragen, daß Nike als Hauptsponsor des US- Soccer Spiele vor die Haustür bekommt. Zugleich gilt Portland als Soccer-Hochburg.

Birmingham in Alabama indes fiel durch, obwohl dort bei den Olympischen Spielen 1996 die meisten Fans kamen und der Überschuß von gut fünf Millionen Dollar in die WM-Bewerbung gesteckt wurde. Birmingham ist aber eine No-Name- Area. Mit der Vergabe seiner Spielstätten folgt der US-Fußballverband also neben dem Rekordstreben streng den Prinzipien von Sponsorennähe, sportlichen Hochburgen und vor allem sogenannten „high density areas“ des Fernsehens. 1999 werden alle Frauenspiele in den USA live gesendet. Im Gegensatz zu Atlanta, als Fußball noch tabu war.

Wenn man bedenkt, daß derzeit am hochentwickelten Frauenfußballstandort Deutschland Bundesligaspiele vor ein paar hundert Leuten stattfinden, muß man sagen: Die US-Veranstalter haben eine Menge vor. Sie wollen die Massen elektrifizieren. Am Bildschirm wie in den Stadien. Für Frauenfußball. Es wird spannend sein, zu sehen, ob sie es schaffen. Rainer Hennies

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen