Press-Schlag: Ab nach Cottbus
■ Wer hat Schuld am Abstieg des KSC?
Als alles vorbei war und der Abstieg bittere Realität geworden für den Karlsruher SC, beschlich Jörg Berger jene leise Ahnung, die er nur kurze Zeit später zu einem ersten Statement ausformuliert hatte. „Ich würde es mir nicht noch mal antun“, sagte Berger da – und die Entschlossenheit in seinem finsteren Blick zeigte, wie ernst es ihm war mit diesen Worten.
Der Mann aus dem Osten der Republik hat schon viel erlebt in seinem langen Leben als Trainer im Fußballwesten. Frankfurt konnte er einst vor dem Abstieg retten, dito Köln und Schalke. Den Ruf als Feuerwehrmann haben ihm diese Taten eingebracht, am Samstag nun mußte er erkennen, daß er bei seinem aktuellen Auftrag zu spät zum Brandherd gerufen worden war. Zu sehr schon hatte das Feuer beim KSC gewütet. „Die Zeit ist mein größter Gegner“, hatte der Fußballehrer schon vor vier Wochen erkannt; nach der finalen 2:4-Niederlage im Rostocker Ostseestadion wiederholte er den Satz – im Imperfekt: „Die Zeit war mein größter Gegner.“
Die sieben Wochen, die Berger in Karlsruhe zur Verfügung standen, waren einfach zu kurz, um noch zu retten, was doch nicht mehr zu retten sein sollte.
Eines steht unumstößlich fest; an Jörg Berger hat es nicht gelegen, daß der KSC nächste Saison in Fürth kicken muß, und in Cottbus und Unterhaching. Sicher dürfte auch sein, daß es in ganz Baden nun ziemlich dummes Geschwätz geben wird, darüber nämlich, daß alles doch ganz anders, besser auf jeden Fall, gekommen wäre, wenn der böse Präsident den guten Trainer nicht entlassen hätte vor ziemlich genau sieben Wochen. Hat er aber doch, der Herr Schmider, weil Winfried Schäfer, zuvor zwölf Jahre lang nicht unerfolgreich Trainer der Badener, kurz vor seinem Rausschmiß doch ziemlich hilflos wirkte und gar nicht so, als wisse er, wie so ein Abstieg zu vermeiden sei.
Aber gegen den Abstieg wollten sie ja auch gar nicht kämpfen in Karlsruhe, sondern um einen Platz im Uefa-Cup spielen, weil sie dort doch hingehörten, nach eigenem Ermessen. So sah es ja auch die so rosarot ausgemalte Vision vom KSC 2000 vor: International möglichst dauerhaft mitspielen und bis zur Jahrtausendwende einen Titel gewinnen, irgendeinen nur. Und so hat also keiner gemerkt, als es in dieser Saison eng wurde, und enger und immer noch enger. Und als sie es gemerkt haben, war es schon zu spät, selbst für den schnellsten Feuermann.
Aber das alles ist ja heutzutage glücklicherweise kein Beinbruch mehr, schließlich sind noch zwei Spielzeiten zu spielen bis zum Jahr 2000 und dem angestrebten Titel. Und wer kann sich schon heute noch daran erinnern, wie bitterlich vor genau zwei Jahren in – wo war das gleich wieder – geweint wurde? Frank Ketterer
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