Press-Schlag: Darf dieser Mensch sich einfach ausziehen?
■ Deutschland bangt, ob man Szewczenko dazu bringt, ihre Klamotten anzulassen
Heute zittert Deutschland. Der Grund: Tanja Szewczenko (21). Die Eiskunstläuferin tritt am frühen Nachmittag bei der EM in Prag zur Kurzkür an. Und die Drohung steht im Raum: „Wenn ich bei der EM eine Medaille hole, ziehe ich mich für Fotos aus.“
Noch ist diese Gefahr nicht gebannt, auch wenn die offenbar aufgeschreckten Preisrichter sie in ihrer Qualifikationsgruppe vorsichtshalber nur auf Platz vier einstuften. Szewczenko ist der Meinung, sie könne das mit dem Ausziehen mal einfach so machen. Schlimmer: Sie insinuiert, irgend jemand wolle, daß sie sich ausziehe. Das allerdings scheint nicht der Fall zu sein.
Während diverse Medien berichteten, sie sei der Meinung, sie habe ein Angebot des Playboy vorliegen, der sie sogar dafür bezahle („99.000 Mark“), ist der Playboy der Meinung, das sei „Quatsch“, wie das Chefredakteur Peter Lewandowski „angenervt“, aber dennoch höflich formuliert: „Es gibt kein konkretes Angebot.“ Und sowieso höchstens 30.000 Mark.
Insbesondere besorgte Eltern fragen sich nun: Wird die offenbar aufs Ausziehen fixierte und nun enttäuschte Szewczenko ihren Plan jetzt modifizieren und bereits heute während der Kurzkür den Schlüpfer in das Prager Publikum werfen? Weil da schließlich ein paar Fotografen rumlungern. Nichts auszudenken, was das für die deutsch-tschechschen Beziehungen bedeuten würde.
Ist der Drang, sich unbedingt ausziehen zu wollen, nicht Exhibitionismus? Normalerweise sind es eher Männer, die ihre Geschlechtsteile in Gegenwart anderer Personen entblößen - um sexuellen Lustgewinn daraus zu ziehen. Nach § 183 StGB drohen dafür bis zu ein Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe.
Eine taz-Umfrage ergab, daß im großen und ganzen unter keinen Umständen irgend jemand will, daß sie sich auszieht. (Außer eventuell Playboy-Chef Lewandowski, der sie „als Frau ganz toll“ findet.)
Im Gegenteil: Szewczenko steht sogar auf einer der taz vorliegenden Liste der Menschen, die sich auf keinen Fall ausziehen sollten auf Platz 2 – knapp hinter Susan Stahnke.
Die vernagelte Szewczenko aber sagt: „Einmal so ästhetisch abgelichtet zu werden war schon lange mein Wunsch.“ Ein Vorschlag zur Güte: Szewczenkos Tante Erika soll in einem abgeschlossenen Raum mit ihrer Pocketkamera soweit das eben möglich ist ein paar „ästhetische Ablichtungen“ machen – danach aber den Film nicht entwickeln, sondern verbrennen. Aber dann muß Ruhe sein. pu
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