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Premiere: St. Paulis Auswärtssieg

Närrisches Treiben in Köln. In den Straßen liefen die Jecken mit Kappen, Kostümen und Karamelbonbons herum und feierten mit einem Glas Kölsch (in jeder Hand) das Ende einer langen Durststrecke.

Das Ende einer noch längeren Durststrecke im Kölner Südstadion: Nach 483 Tagen oder 28 Spielen gelang es dort dem FC St. Pauli, durch ein 2:1 gegen Fortuna Köln endlich wieder einmal in einem fremden Stadion zu gewinnen. Nüchtern gab sich Seppo Eichkorn, der in Köln – wenn es nach dem Ultimatum von Präsident Heinz Weisener gegangen wäre, – seinen Nachfolger von der Tribüne aus hätte begutachten können. „Das war ein verdienter Erfolg, der ja mal kommen mußte. Für mich ist das kein besonderer Tag, denn Auswärtssiege habe ich schon erlebt, als ich noch Co-Trainer war.“

Erfrischend war es schon, wie sich die Millerntor-Equipe in Köln präsentierte. Keine Spur mehr von dem verängstigten Haufen, der während der letzten 15 Monate beliebter Punktelieferant in fremden Stadien gewesen ist. Das war plötzlich eine richtige Mannschaft, die mit Herz, einer guten spielerischen Leistung und mit einer neuen Taktik ausstaffiert ins Spiel ging. Eine Spitze, das war das Erfolgsrezept für das neue St. Pauli-Gebräu. Erst Martin Driller, dann (nach 13 Minuten) Markus „Toni“ Sailer. Und beide stachen: Driller erzielte sein sechstes Saisontor (“Ich hätte noch zwei mehr machen können“), und Sailer (“Ich bin völlig platt“) spielte in Uwe-Bein-Manier den entscheidenden Paß zu Gronaus Traum-Lupfer, dem 2:0.

Berauscht davon der 600köpfige St. Pauli-Fanblock, der sich aus Anhängern vom Kiezclub und des 1. FC Köln zusammensetzte. Dirk Dammann und Andreas Mayer waren es, die sich als die ansprechendsten Zutaten der neuen St. Pauli-Maische erwiesen. „Wenn Matthäus bei der WM ausfällt, kann Bundes-Berti gar nicht an Dammann vorbei“, flachste der Anhang ob der Leistung des wiedergenesenen Liberos, dessen Leistung mindestens bundesligareif anmutete. Mayer, der Bayer, bestritt sein erstes Spiel von Beginn an und sorgte trotz Fehlern im Stellungsspiel für erfrischenden Schwung.

Dennoch droht die neue St. Pauli-Creation schon kurz nach der Premiere schal zu werden: Holger Stanislawski erlitt eine schwere Schulterverletzung (Wiedergenesung frühestens zur Rückrunde) und Dirk Zander muß am kommenden Sonntag gegen Hertha BSC wegen seiner fünften gelben Karte pausieren. Harald Borchardt

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