piwik no script img

Preisgekrönt: „blutiger“ Springerstiefel

„Skinhead-Power an die Mauer – denn es fängt so an wie früher, und es ist allerhöchste Zeit, oh yeah.“ Ungewohnte Klänge ertönten gestern vormittag in der oberen Rathaus-Halle bei der Verleihung des Bremer Senats-Jugendpreises. Unter dem Motto: „Dem Haß keine Chance“ hatten sich rund 1.000 SchülerInnen mit Videos, Theaterstücken, Hörspielen, Postern, selbst komponierten Songs und Kunstobjekten an dem Wettbewerb gegen den Fremdenhaß beteiligt.

Den ersten Preis gewannen Hella Grapenthin (19), Cornelia Scheibert (18) und Katja Nordhusen (18) von der Geschwister-Scholl-Schule in Bremerhaven. Ihr Kunstobjekt „Der Spingerstiefel“ wurde von der Jury mit 1.000 Mark prämiert. Auf dem Riesenschuh aus Maschendraht und Pappmaché hatten die Schülerinnen der 13. Jahrgangsstufe rote Farbe geträufelt – Blut als Sinnbild für Gewalt. „Als wir uns überlegt haben, was uns zum Thema Fremdenhaß einfällt, haben wir sofort an Skinheads gedacht. Der Springerstiefel ist Sinnbild für die Skinheads“, erklärt Preisträgerin Hella Grapenthin.

Neben Geldpreisen von insgesamt 5.000 Mark gab es außerdem lobende Worte von Henning Scherf. Der zukünftige Bürgermeister und Noch-Bildungssenator hatte dann auch gleich eine Erklärung für die zunehmende Gewaltbereitschaft parat: Die Bild-Zeitung mit „blutrünstigen Schlagzeilen“ sei schuld. „Das sind ganz böse Finger, die die Leute gegeneinander aufhetzen“, schimpfte der Senator. Liebe, Respekt sowie Verständnis empfahl Scherf als Gegenmittel und schritt prompt zur Tat: Er drückte dem Preisträger Raphael Schalz (15) den Scheck über 500 Mark in die Hand und umarmte ihn herzlich. Schalz hatte sich mit einem selbstkomponierten Song hervorgetan. Der Text handelt von einem türkischen Schüler, der auf dem Schulhof erschlagen wird. Originaltext: „Freispruch war das Urteil vom Jugendgericht für das Arschgesicht.“ Die Geschichte habe ein Freund von ihm in Berlin erlebt, erzählt der Schüler. Allerdings gibt er zu, die Geschichte „ausgeschmückt zu haben“, weil er „Stoff für den Wettbewerb brauchte“. kes/Foto:Marianne Menke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen