Preisexplosion bei Lebensmitteln: Reiskrise in Asien
IWF und Weltbank wollen ärmeren Ländern helfen, in denen es wegen der rasant gestiegenen Preise für Lebensmittel zu Unruhen kommt.
Die explodierenden Getreidepreise treffen laut der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft die ärmsten Länder immer härter. In 37 Ländern weltweit gebe es inzwischen eine Nahrungsmittelkrise. In zehn Staaten, vor allem in Afrika und Asien, habe es im vergangenen Monat Unruhen wegen der rasant gestiegenen Preise gegeben, teilte die Organisation am Freitag mit. In Pakistan und Thailand werde inzwischen Militär eingesetzt, um zu verhindern, dass Lager geplündert werden und Getreide von Feldern gestohlen werde.
Laut einer Studie der Weltbank kletterten die Nahrungsmittelpreise in den vergangenen drei Jahren um 83 Prozent weltweit nach oben, Weizen verteuerte sich sogar um 181 Prozent. "Die Auswirkungen dieser Krise bedeuten sieben verlorene Jahre im Kampf gegen die Armut", sagte Weltbank-Präsident Robert Zoellick einen Tag vor der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank an diesem Wochenende in Washington.
Für Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sind die gestiegenen Preise "kein Übergangsphänomen mehr". Er erwartet "erhebliche Auswirkungen auf Schwellen- und Drittländer", sagte Steinbrück gestern in Washington.
"Vor allem Reis, Weizen, Soja und Mais haben sich drastisch verteuert", sagt Klaus Matthies vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut. Eine Tonne thailändischer Reis kostet aktuell 930 US-Dollar auf dem Weltmarkt - im Januar lag der Preis noch bei 380 US-Dollar. In Asien gibt es bereits erste Panikreaktionen: Reis wird gehortet, Indien erlässt Exportverbote, philippinische Zeitungen vermelden die große Reiskrise.
Die Ursachen für die Knappheit sind laut Matthies vielfältig: Mehr Nachfrage nach Lebensmitteln durch steigende Bevölkerungszahlen, gleichzeitig werden landwirtschaftlich genutzte Flächen zunehmend in Siedlungsgebiete umgewandelt. Hinzu kommen die schlechten Ernten der letzten Jahre. Aber auch die Agrarpolitik in Europa hat ihren Anteil daran: Der staatlich gefördert Anbau von Raps, Mais und Zucker habe andere Lebensmittel verdrängt, so Matthies.
IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn betrachtet "den weltweiten Anstieg der Lebensmittelpreise als ebenso großes Problem für die Weltwirtschaft wie die globale Finanzkrise". Er kündigte an, den armen Staaten schnell finanziell helfen zu wollen. Den Bedarf beziffert er auf 500 Millionen US-Dollar. Die Welternährungsorganisation schätzt hingegen, dass 1,2 bis 1,7 Milliarden US-Dollar nötig seien. Auf der Frühjahrstagung sollen nun langfristige Strategien gegen die Nahrungsmittelknappheit diskutiert werden, etwa wie Anbauflächen produktiver werden.
Bei dem Treffen sollen auch Lösungen für die durch Hypothekenkredite ausgelöste Finanzkrise erarbeitet werden. Der IWF nennt das "mangelhafte Risikomanagement" der westlichen Banken als Hauptgrund für die Krise. Es habe Mängel bei "dem Urteilsvermögen und der Unternehmungsführung" gegeben, hieß es am Freitag in einem Bericht des IWF. Zudem haben Defizite bei den Regeln für die Bilanzierung und der Regulierung zu den Problemen beigetragen. Die Investoren hätten sich zu sehr auf die Bewertung durch private Ratingagenturen verlassen. Vorschläge für eine stärkere Überwachung von Banken und ein besseres Krisenmanagement sollen diskutiert werden.
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