Preise bei Neuvermietungen steigen: Wohnen bleiben ist die halbe Miete
Neue Zahlen belegen: Bei Neuvermietungen in begehrten Kiezen langen Vermieter ordentlich zu. Neue Verträge sind bis zu 30 Prozent teurer als alte. Der Senat spricht trotzdem von einem entspannten Markt.
Ein Kreuzberger Paar bekommt ein zweites Kind - und hat ein Problem. Bisher lebt die Familie in einer Dreizimmerwohnung in der Wiener Straße. Für 69 Quadratmeter zahlen sie warm 540 Euro - das ergibt eine Kaltmiete inklusive Betriebskosten von etwa sieben Euro pro Quadratmeter. Viel Geld haben sie nicht: Er arbeitet als selbstständiger Schreiber, sie als Psychotherapeutin. Mit dem zweiten Kind wird es bei ihnen eng. "Wir bleiben trotzdem", sagt die Mutter. "Wir finden in der Nähe keine Wohnung mehr, die wir auch bezahlen können."
In begehrten Gegenden in der Innenstadt sind die Preise bei Neuvermietungen in den letzten Jahren stark gestiegen. Das belegen Zahlen, welche das Internetportal Immobilienscout für die taz zusammengestellt hat. Demnach sind etwa in Kreuzberg die Kaltmieten inklusive Betriebskosten bei den Wohnungsangeboten von 5,86 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2007 auf 7,77 Euro im Jahr 2009 geklettert. In Mitte stiegen die Preise im gleichen Zeitraum von 10,37 Euro auf stolze 11,15 Euro pro Quadratmeter. Auch Schöneberg ist begehrt: 2007 wurden bei den Neuvermietungen auf der Internetseite im Schnitt 6,04 Euro pro Quadratmeter verlangt. Zwei Jahre später waren es schon 8,35 Euro.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geht trotzdem davon aus, dass der Wohnungsmarkt in Berlin nach wie vor entspannt ist. "Wir haben einen konstanten Leerstand von 100.000 Wohnungen in Berlin, das regelt den Markt. Im Vergleich zu München oder Hamburg sind wir immer noch eine günstige Mieterstadt", sagte am Montag Sprecherin Petra Roland.
Der Mietspiegel 2009 wies im Vergleich zu 2007 tatsächlich nur einen Anstieg der Mieten um 1,7 Prozent auf. Diese moderate Entwicklung gilt jedoch nur für den Durchschnitt. Auch die Zahlen von Immobilienscout zeigen: Man bekommt neue Wohnungen in Berlin für vier bis fünf Euro pro Quadratmeter - vorausgesetzt, man zieht nach Blankenfelde, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Marzahn oder Waidmannslust.
In den Mietspiegel gehen zudem alte und neue Mietverträge ein. Kreuzberg etwa gilt dort als einfache Wohnlage mit einem entsprechend niedrigem Preisniveau - obwohl die Vermieter bei neuen Verträgen ordentlich zulangen. "Es ist normal für einen Markt, dass bestimmte Bereiche anziehen und andere unattraktiver werden", sagte Roland. Dafür gebe es die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die stabile Preise anböten.
Reiner Wild vom Berliner Mieterverein beobachtet seit Jahren eine steigende Nachfrage in innerstädtischen Quartieren. Teilweise komme es dabei zu Engpässen. "Bei Neuvermietungen in Kreuzberg, Prenzlauer Berg und in der westlichen Innenstadt in Charlottenburg-Wilmersdorf liegen die Mieten 20 bis 30 Prozent über den Bestandsmieten", sagte Wild.
Lange waren Umzüge in Berlin eine Art Volkssport. Doch in den letzten Jahren wechselten immer weniger Menschen ihre Bleibe. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor. Demnach zogen 2004 offiziell noch 11,3 Prozent der Bevölkerung um. Im Jahr 2008 packten nur noch 9,8 Prozent die Kisten. Ein Ergebnis steigender Mieten? Die Stadtentwicklungsverwaltung will auch davon nichts wissen. In Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes wie Anfang der 90er seien deutlich weniger umgezogen, heißt es in dem Papier. Rechnet man nach, stellt man fest: Damals gab es nur ein bis zwei Prozent weniger Wohnungswechsler als heute.
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