Präsidentschaftwahl in Sri Lanka: Ein erstaunlich demokratischer Kampf
Bei der Präsidentschaftwahl fordert ein ungewöhnlich breites Bündnis den bisherigen Amtsinhaber und Kriegsgewinner Mahinda Rajapaksa heraus. Das hat die Demokratie belebt.
DELHI taz | Freddy Gamage ist Journalist und Lokalheld der Opposition in Sri Lanka. 2006 entkam der Chefredakteur von Meepura, eines frechen Provinzblattes aus dem Städtchen Negombo unweit der Hauptstadt Colombo, knapp einem Attentat. Er hatte gegen lokale Bauvorhaben der Regierung recherchiert. Im Januar vor einem Jahr erhielt der Bürgermeister von Negombo Morddrohungen gegen den katholischen Zeitungsmann. Gamage arbeite in einem "Klima der Angst", berichtete damals die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen". An diesem Dienstag wird in Sri Lanka ein neuer Präsident gewählt. Muss man sich also wieder Sorgen um den Regierungsgegner Gamage in dem vom Bürgerkrieg geprägten Land machen?
Ganz im Gegenteil. Gamage ist am Tag vor der Wahl bester Dinge. Er spricht vom "größten demokratischen Kampf seit der Unabhängigkeit in Sri Lanka" und hat sogar Hoffnung, dass sein Kandidat heute die Wahlen gewinnt. Das war für ihn noch vor einem Jahr, mitten im Bürgerkrieg, als er sich wegen der Morddrohungen gegen ihn alleingelassen fühlte und um internationale Unterstützung rang, völlig unvorstellbar. Doch hat nicht nur das Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs zwischen Regierungskräften und tamilischer Guerilla im letzten Mai Sri Lanka verändert. Auch die acht Monate danach haben viele Sri Lankesen einen neuen Blick auf ihr eigenes Land gelehrt.
Dabei ging das gewaltsame Ende des Krieges noch voll zu Buche des amtierenden Präsidenten Mahinda Rajapaksa und seiner Partei, der Volksallianz. Bis heute lässt sich Rajapaksa als Sieger über eine der bestorganisierten und mörderischten Guerillabewegungen aller Zeiten, der Tamil Tigers, feiern. Zigtausend Tote forderte der Bürgerkrieg. Sein Ende und der Tod des berüchtigen Tiger-Kommandanten Velupillai Prabhakaran war eine wirkliche Erlösung für die meisten Sri Lankesen, eingeschlossen vieler der von Prabhakaran für seine Sache vereinnahmten tamilischen Minderheit.
Umso erstaunlicher ist, dass Präsident Rajapaksa nun schon wieder echte Konkurrenz bei den Präsidentschaftswahlen droht. Doch die Monate nach dem Krieg haben bereits wieder die triste Normalität des Regierungsalltags in Colombo ans Licht gebracht: Vor allem Korruption und zahlreiche Vergünstigungen für eigene Familienmitglieder werden Präsident Rajapaksa nachgesagt. Er habe er Ämter für 391 Verwandte geschaffen, behauptet Gamage in seinem regierungskritischen Lokalblatt. Deshalb hat sich seine Zeitung nun hinter den Kandidaten der Opposition gestellt. Er ist für die meisten Sri Lankesen ein alter Bekannter: Sarath Fonseka, des Landes bekanntester Soldat, der bis Ende des Kriegs die Regierungstruppen befehligte (Porträt Seite 2). Ihm traut vor allem die gebildete Oberschicht Sri Lankas eine sauberere Führung der Regierungsgeschäfte zu. Das hat Fonseka die Unterstützung der Vereinigten Nationalpartei erbracht.
Aber auch die Parteien der Minderheiten von Tamilen und Muslimen haben sich zu Fonseka bekannt. Nicht weil sie ihn lieben, aber weil er für sie die einzige Chance zur Einflußnahme auf die Regierungspolitik zu bieten scheint. "Unglaublich, dass Nationalpartei und Tamilenallianz heute zusammen Wahlkampf machen", freut sich der Katholik Gamage. In diesem Bündnis, dass weitere kleine Parteien einschließt, sieht er die breiteste Koalition unter Demokraten, die es in Sri Lanka je gab. Doch es wird schwer. Unter einfachen Landbewohnern gilt Rajapaksa als Volksheld. Sein nicht lupenrein demokratische Regierungsbilanz schadet ihm bei seinen Anhängern wenig. Zumal er trotz Krieg neue Infrastrukturprojekte für die ländlichen Regionen auf den Weg gebracht hat. Oft mit chinesischer Hilfe, die auch für den Kriegsausgang mitentscheidend war.
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