Präsidentschaftswahlkampf in Rumänien: Mit Hühnerleichen auf Stimmemfang

Am Sonntag treten der Sozialdemokrat Viktor Ponta und der Christdemokrat Klaus Johannis gegeneinander an. Um zu siegen, ist kein Mittel zu schmutzig.

Wahlwerbung für Victor Ponta im Dorf Floroaica. Bild: dpa

BERLIN taz | In Rumänien findet am Sonntag die zweite Runde der Präsidentschaftswahl statt. Der Sozialdemokrat und derzeitige Premier Victor Ponta (42) tritt gegen den Kandidaten der Christlich-Liberalen Allianz (ACL), den rumäniendeutschen Bürgermeister von Sibiu/Hermannstadt, Klaus Johannis (55), an. Für Ponta votierten im ersten Wahlgang 40,44 Prozent der Wähler, für Johannis 30,37 Prozent.

Jetzt geht es um jede Stimme. Dafür werden alle Mittel eingesetzt. Der ehemalige Physiklehrer Johannis versuchte in den vergangenen Tagen, die Provokationen des Juristen Ponta zu konterkarieren, indem er darauf bedacht war, sein Image als sachlicher, glaubwürdiger und pragmatischer, doch wortkarger Politiker zu bewahren.

Angesichts einer immer aggressiveren Schmutzkampagne gegen Johannis, die am Dienstag in einer unglaublichen Attacke kulminierte, könnte sich die Taktik der vornehmen Zurückhaltung als kontraproduktiv erweisen. Am Dienstag hatten „Unbekannte“ in den Hof des Gebäudes, in dem sich der Sitz der Christlich-Liberalen Allianz befindet, tote Hühner geworfen. Um ihre Hälse waren Papierstreifen gebunden mit der Aufschrift „Ich bin Johannis“. Johannis erklärte, er sei „angeekelt von dieser Form der Auseinandersetzung. Der Angriff mit krepierten Hühnern, so Johannis, sei eine symbolische Todesdrohung, die an die Einschüchterungsmethoden der Nazis erinnere. Diese Methoden schildert der siebenbürgische Autor Eginald Schlattner in seinem inzwischen auch verfilmten Roman, „Der geköpfte Hahn“ (1998).

Ponta, der sich einen Linken nennt und an der Spitze einer Partei steht, die sich als sozialdemokratisch bezeichnet, setzt nicht nur Hühner als „Wahlkampfhelfer ein. Wenn es um Stimmen geht, haben er und seine Mannschaft auch keine Scheu, mit der rechtsradikalen Groß-Rumänischen Partei (PRM) ein Wahlabkommen abzuschließen, und sich so den Beistand der Nationalisten zu sichern.

Orthodoxe Kirche als Zünglein an der Waage

Das Zünglein an der Waage dürfte letztlich die orthodoxe Kirche sein. Obwohl das Patriarchat sich offiziell für keinen der Kandidaten ausgesprochen hat, mischten sich lokale Kirchenfürsten direkt in den Wahlkampf ein und forderten die Gläubigen auf, ihre Stimme nur dem rumänisch-orthodoxen Bewerber zu geben. Die evangelische Glaubenszugehörigkeit von Johannis gilt in den Augen der völkisch orientierten Orthodoxen als Makel und wird als eine Brüskierung der vaterländischen Gefühle und des rumänischen Traditionsbewusstseins empfunden.

Ponta, der immer wieder seine orthodoxe Religionszugehörigkeit betonte, gelang es am Anfang dieser Woche während des ersten der beiden Fernsehduelle scheinbar, seinen Rivalen aus der Reserve zu locken. Johannis warf Ponta vor, verantwortlich für die geringe Zahl von Wahllokalen im Ausland zu sein, die Verfahren der Antikorruptionsbehörde zu behindern und die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden. Ponta zerredete die Vorwürfe.

Beobachter der TV-Duelle vertreten die Auffassung, dass die Auftritte der Präsidentschaftskandidaten die Meinung der Wähler kaum beeinflusst haben dürfte. Falls es Johannis trotzdem gelingen sollte, Präsident zu werden, käme es einem Wunder gleich, wenn er angesichts der parteiübergreifenden korrupten Politikerkaste seine Versprechen durchsetzen könnte. Autor Schlattner meint, sein positives Image würde er bewahren, da er „Rückgrat hat“ und Ansehen genießt. „Aber er wird bis zur Unkenntlichkeit besudelt werden von dem professionellen Tross der Beschmutzer.“

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