Präsidentschaftswahl in Russland: Jetzt wieder Putin
Mit keiner einzigen Gegenstimme wurde Wladimir Putin von seiner Partei zum Präsidentschaftskandidat gekürt. Mit Dmitri Medwedew will er dann einfach wieder die Ämter tauschen.
MOSKAU dapd | Wladimir Putin steht vor einer Rückkehr an die Macht. Der russische Ministerpräsident wurde am Sonntag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Regierungspartei Einiges Russland gekürt. Damit erscheint wahrscheinlich, dass er im März kommenden Jahres in das höchste Staatsamt zurückkehrt.
2008 war Putin nach zwei Amtszeiten als Präsident zurückgetreten. Gleichzeitig installierte er Dmitri Medwedew als Nachfolger, der nun als Spitzenkandidat für die Regierungspartei in die Parlamentswahl am 4. Dezember gehen und nach den Präsidentschaftswahlen am 4. März 2012 Regierungschef werden soll.
Vor Tausenden jubelnden Anhängern versprach Putin auf dem Parteitag am Sonntag Stabilität für sein Land. Mit Blick auf Kritiker, die ihm Kontrolltendenzen auf Kosten der Demokratie vorwerfen, betonte er, Russland brauche ein "stabiles politisches System", um für die kommenden Jahrzehnte eine "stabile Entwicklung" sichern zu können. "Dies ist eine äußerst wichtige Aufgabe für Russland mit seiner Geschichte der Umstürze und Revolutionen", sagte Putin.
Das Ausland warnte er vor einer Einmischung in den Wahlprozess. "All unsere ausländischen Partner müssen verstehen, dass Russland ein demokratisches Land ist. Es ist ein zuverlässiger und berechenbarer Partner, mit dem sie sich einigen können und müssen, dem sie aber nichts von außen auferlegen können", erklärte Putin.
Russland wolle seine Kooperation mit dem Westen weiterentwickeln, sagte er. Zugleich warnte er das Ausland aber davor, Kreml-Kritikern zu große Aufmerksamkeit zu schenken und sie finanziell zu unterstützen. Geld für russische Nichtregierungsorganisationen sei "kostspielige und ineffektive Außenpolitik".
Sollte Putin die Wahl wie erwartet gewinnen, könnte er Russland bis 2024 regieren. Nachfolger Medwedew wurde allgemein als Übergangspräsident angesehen. Er präsentierte sich während seiner Amtszeit als Reformer, forderte die Unabhängigkeit der Justiz und verstärkte Bemühungen im Kampf gegen Korruption. Seine Initiativen brachten jedoch nur wenige Resultate.
Seit Monaten war darüber spekuliert worden, ob Putin Medwedew eine zweite Amtszeit zugestehen würde oder ob dieser seinem Vorgänger wieder Platz machen müsste. Viele Russen reagierten empört auf den bereits im September angekündigten geplanten Postentausch. Die rund 11.000 Delegierten des Parteitags, der eine Woche vor den Parlamentswahlen Unterstützung für Einiges Russland mobilisieren sollte, brachen bei Putins Auftritt hingegen in Jubelstürme aus. "Putin, Putin", riefen sie, "die Menschen vertrauen Putin."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative